Einleitung
Einleitung
Mit Wirkung vom 2. April 2002 wurde das Ombudsmannverfahren der deutschen genossenschaftlichen Bankengruppe eingeführt. Seither haben Kunden genossenschaftlicher Banken die Möglichkeit, Streitigkeiten mit ihrer Bank außergerichtlich und ohne Kostenrisiko durch einen unabhängigen Schlichter klären zu lassen. Verbraucher wie Unternehmer sind so in der Lage, ihre Streitigkeiten mit der Bank am Maßstab der geltenden Rechtslage und unter Berücksichtigung von Billigkeitserwägungen mithilfe des Ombudsmanns ohne Einschaltung eines ordentlichen Gerichts einer Lösung zuzuführen.
Grundlage des Ombudsmannverfahrens ist die „Verfahrensordnung für die außergerichtliche Schlichtung von Kundenbeschwerden im Bereich der deutschen genossenschaftlichen Bankengruppe“ (VerfO).1 Nummer 1 VerfO regelt die Einzelheiten der Bestellung des Ombudsmanns. In Nummer 2 VerfO ist bestimmt, dass beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) eine Kundenbeschwerdestelle eingerichtet wird, der neben der Vorprüfung (Nummer 5 VerfO) die gesamte Abwicklung des Verfahrens obliegt. Daneben sind in der Verfahrensordnung die Voraussetzungen des Schlichtungsverfahrens (Nummer 3 und Nummer 4 VerfO) sowie der Verfahrensgang (Nummer 5 und Nummer 6 VerfO) und die allgemeinen Verfahrensgrundsätze (Nummer 7 VerfO) geregelt.
Die Verfahrensordnung ist vom Bundesministerium der Justiz genehmigt und entspricht § 7 Absatz 3 der Schlichtungsstellenverfahrensordnung, die wiederum ihre Rechtsgrundlage in § 14 Absatz 3 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) hat.
Die Verfahrensordnung steht – ebenso wie eine Kurzinformation zum Verfahren („Die Lösung bei Konflikten. Der Ombudsmann für Streitigkeiten zwischen Kunde und Bank“) – auf der Internetseite2 des BVR oder als Faltblatt zur Verfügung.3
Das Ombudsmannverfahren gilt für alle Mitgliedsbanken des BVR, die ihre Teilnahme hieran erklärt haben. Von den 994 Mitgliedsinstituten des BVR4 nehmen 905 (91 Prozent) am Verfahren teil. Auf www.bvr.de kann jeder Beschwerdeführer per Suchfunktion überprüfen, ob die eigene Bank am Ombudsmannverfahren teilnimmt. Eine Liste der Banken, die ihre Teilnahme erklärt haben, hält die Kundenbeschwerdestelle ebenfalls bereit.
Bei den Banken werden die Beschwerden zur hausinternen Erledigung entweder vom Vorstand oder von einer von diesem benannten Person oder Stelle entgegengenommen. Diese Ansprechpartner sind für die Behandlung der Beschwerden in der Bank zentral zuständig und stehen darüber hinaus dem Ombudsmann und der Kundenbeschwerdestelle beim BVR für Auskünfte und Rücksprachen zur Verfügung.
Ein Ombudsmannverfahren ist bei jeder Meinungsverschiedenheit zwischen einem Kunden und einer Bank über von der Bank angebotene Produkte und Dienstleistungen möglich.
Beschweren können sich sowohl Privatkunden als auch Firmenkunden. Daneben steht das Ombudsmannverfahren offen für Bürger, denen die Einrichtung oder die Fortführung eines Guthabenkontos verweigert wurde und die sich gegenüber der Bank entweder auf ihr Recht zum Abschluss eines Basiskontovertrags oder auf die Empfehlung der Deutschen Kreditwirtschaft zum Girokonto für jedermann berufen. Seit dem 18. Juni 2016 haben Verbraucher mit rechtmäßigem Aufenthalt in der Europäischen Union einschließlich Personen ohne festen Wohnsitz und Asylsuchende sowie Personen ohne Aufenthaltstitel, die aber aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden können, einen Anspruch auf Abschluss eines Basiskontovertrags.
Soweit es um Streitigkeiten aus der Anwendung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) betreffend Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen, des Verbraucherkreditrechts (§§ 491 bis 509 BGB) oder des Zahlungsdiensterechts (§§ 675 c bis 676 c BGB) geht, wird gleichzeitig eine öffentlich-rechtliche Streitschlichtungsaufgabe wahrgenommen. Insoweit hat das Bundesministerium der Justiz die in § 14 Absatz 1 des UKlaG geregelte Schlichtungsaufgabe der Deutschen Bundesbank für diejenigen Kreditinstitute, die dem BVR angehören und an dem dort eingerichteten Schlichtungsverfahren teilnehmen, auf den BVR übertragen (§ 14 Absatz 3 UKlaG in Verbindung mit § 7 Absatz 1 Nummer 4 der Schlichtungsstellenverfahrensverordnung). Somit ist die Schlichtungsstelle bei der Deutschen Bundesbank subsidiär zuständig für Schlichtungen von Streitigkeiten im Bereich der oben genannten gesetzlichen Vorschriften, sofern ein Mitgliedsinstitut des BVR nicht am Ombudsmannverfahren des Verbandes teilnimmt.
Daneben ist das Ombudsmannverfahren als sonstige Gütestelle im Rahmen der obligatorischen außergerichtlichen Streitschlichtung anerkannt. Mit § 15 a des Einführungsgesetzes zur Zivilprozessordnung (EGZPO) ist den Bundesländern die Möglichkeit eröffnet worden, in bestimmten Fällen (unter anderem bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten mit einem Streitwert von nicht mehr als 750 Euro) die Zulässigkeit einer zivilrechtlichen Klage von der vorherigen erfolglosen Durchführung eines außergerichtlichen Streitschlichtungsverfahrens vor einer staatlich eingerichteten oder anerkannten Gütestelle oder einer sonstigen Gütestelle (§ 15 a Absatz 3 EGZPO) abhängig zu machen.
Kommt der Beschwerdeführer aus einem Bundesland, das von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht hat, und will er klagen, erhält er auf Anforderung von der Kundenbeschwerdestelle beim BVR eine Bescheinigung über einen erfolglosen Einigungsversuch, die er sodann mit der Klage einzureichen hat.
Schließlich hat der BVR als Träger des Ombudsmannverfahrens bereits im Jahr 2002 seine Teilnahme an dem von der Europäischen Kommission geschaffenen Netzwerk der Schlichtungsstellen für Finanzdienstleistungen (FIN-NET) erklärt, dem mittlerweile 58 anerkannte Streitschlichtungseinrichtungen aus 25 Staaten des europäischen Wirtschaftsraums (Europäische Union sowie Island, Liechtenstein und Norwegen) angeschlossen sind.
Ombudsmann
Der Begriff Ombudsmann kommt aus dem Schwedischen und bedeutet übersetzt etwa „Sachwalter“ oder „Treuhänder“. In Schweden, wo der erste „Justitieombudsman“ im Jahre 1809 eingesetzt wurde, bezeichnet er eine vom Parlament beauftragte, unabhängige Vertrauensperson, deren Aufgabe es ist, Entscheidungen der Verwaltung zu kontrollieren und so die Bürger vor behördlicher Willkür zu schützen. Heute ist das aus der schwedischen Verfassungsentwicklung stammende Amt weltweit zum Synonym für eine volksnahe Wahrung von Bürger- und Verbraucherinteressen geworden.
§ 15 a EGZPO
(1)
Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Erhebung der Klage erst zulässig ist, nachdem von einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle versucht worden ist, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen
1. in vermögensrechtlichen Streitigkeiten vor dem Amtsgericht über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von 750 Euro nicht übersteigt,
...
Der Kläger hat eine von der Gütestelle ausgestellte Bescheinigung über einen erfolglosen Einigungsversuch mit der Klage einzureichen. Diese Bescheinigung ist ihm auf Antrag auch auszustellen, wenn binnen einer Frist von drei Monaten das von ihm beantragte Einigungsverfahren nicht durchgeführt worden ist.
...
(3)
Das Erfordernis eines Einigungsversuchs vor einer von der Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entfällt, wenn die Parteien einvernehmlich einen Einigungsversuch vor einer sonstigen Gütestelle, die Streitbeilegungen betreibt, unternommen haben. Das Einvernehmen nach Satz 1 wird unwiderleglich vermutet, wenn der Verbraucher eine branchengebundene Gütestelle, eine Gütestelle der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer oder der Innung angerufen hat. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.
...
Netzwerk der Schlichtungsstellen für Finanzdienstleistungen
Mithilfe des FIN-NET, das am 1. Februar 2001 eingerichtet wurde, soll die außergerichtliche Beilegung grenzüberschreitender Streitigkeiten zwischen Anbietern von Finanzdienstleistungen und Verbrauchern im europäischen Wirtschaftsraum erleichtert werden. Grundlage des Netzwerks ist die freiwillige und nicht rechtsverbindliche „Vereinbarung über ein grenzübergreifendes, außergerichtliches Netz zur Behandlung von Beschwerden für Finanzdienstleistungen im europäischen Wirtschaftsraum“, die im Wesentlichen auf der gegenseitigen Anerkennung der in den verschiedenen Mitgliedstaaten eingerichteten Beschwerdestellen beruht. Mit dem FIN-NET sollen im Interesse sowohl der Finanzdienstleistungsanbieter als auch der Verbraucher der Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den in den Mitgliedstaaten bereits bestehenden außergerichtlichen Schlichtungsverfahren mit dem Ziel gefördert werden, dass Kundenbeschwerden möglichst schnell zu der zuständigen Schlichtungseinrichtung gelangen.
Weitere Informationen rund um das FIN-NET, insbesondere zu den angeschlossenen nationalen Schlichtungsstellen, sowie die bislang erschienenen Tätigkeitsberichte können unter www.fin-net.eu abgerufen werden.
Im Berichtszeitraum hatte die Kundenbeschwerdestelle beim BVR neun grenzüberschreitende Streitigkeiten zu verzeichnen, die alle in die Zuständigkeit des Ombudsmanns fielen, weil sie von Kunden am Verfahren teilnehmender (inländischer) Banken eingereicht wurden, die ihren Wohnsitz im europäischen Ausland haben.
Die Ombudspersonen
Die Ombudspersonen
Zum ersten Ombudsmann der genossenschaftlichen Bankengruppe wurde Dr. Alfons van Gelder bestellt. Er war bis zum Eintritt in den Ruhestand im Jahre 2001 Richter am XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, der unter anderem für Bank- und Börsenrecht zuständig ist.
In den Jahren 2005, 2008, 2011 sowie 2014 bestellte ihn der Vorstand des BVR für jeweils eine weitere Amtsperiode von drei Jahren zum Ombudsmann der genossenschaftlichen Bankengruppe. Zum 30. Juni 2016 hat Dr. van Gelder sein Amt als Ombudsmann auf eigenen Wunsch niedergelegt.
Seit Oktober 2015 übt Professor Dr. Franz Häuser sein Amt als Ombudsmann für die genossenschaftliche Bankengruppe aus. Er war bis September 2015 Stellvertreter des Ombudsmanns. Professor Dr. Franz Häuser war Co-Direktor des Instituts für Deutsches und Internationales Bank- und Kapitalmarktrecht der Juristenfakultät der Universität Leipzig und vormaliger Rektor der Universität Leipzig.
Im Februar 2016 nahmen die Herren Gerhard Götz, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Bamberg, sowie Werner Borzutzki-Pasing, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf a. D., ihre Ämter als Ombudsmänner auf.
Dr. Alfons van Gelder
1936
Geboren in Oberhausen/Nordrhein-Westfalen
1956–60
Studium der Rechtswissenschaften und der Volkswirtschaft an den Universitäten Köln und Marburg
1965
Große juristische Staatsprüfung
1967
Promotion
1971
Ernennung zum Richter am Landgericht Marburg/Lahn
1979
Ernennung zum Vorsitzenden Richter am Landgericht Marburg/Lahn
1990
Ernennung zum Richter am Bundesgerichtshof
2001
Versetzung in den Ruhestand
2002
Bestellung zum Ombudsmann der deutschen genossenschaftlichen Bankengruppe
2016
Niederlegen des Ombudsmannsamts auf eigenen Wunsch
Prof. Dr. Franz Häuser
1945
Geboren in Limburg an der Lahn
1965–69
Studium der Rechtswissenschaft an den Universitäten Marburg und Bonn
1974
Zweite juristische Staatsprüfung
1978
Promotion
1991
Habilitation mit der Lehrbefugnis für die Fächer Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht und Arbeitsrecht
1993
Ernennung zum Universitätsprofessor
2003–10
Rektor der Universität Leipzig
2011
Versetzung in den Ruhestand
2015
Tätigkeit als Ombudsmann der deutschen genossenschaftlichen Bankengruppe
Gerhard Götz
1951
Geboren in Neudrossenfeld
1972–76
Studium der Rechtswissenschaften an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
1979
Zweite juristische Staatsprüfung
1967
Promotion
1979–80
Richter auf Probe am Landgericht Bayreuth
1981–83
Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Bayreuth
1983–91
Richter am Amtsgericht Kulmbach
1991–94
Richter am Landgericht Bayreuth
1994–96
Staatsanwalt als Gruppenleiter bei der Staatsanwaltschaft Bayreuth
2003–08
Vizepräsident des Landgerichts Hof
2008–16
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Bamberg
2015
Bestellung zum Ombudsmann der deutschen genossenschaftlichen Bankengruppe
Werner Borzutzki-Pasing
1950
Geboren in Merode
1970–77
Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Köln
1980
Zweite juristische Staatsprüfung
1980–81
Richter auf Probe am Landgericht Köln
1982–2000
Richter am Landgericht Köln
2000–10
Ernennung zum Richter am Oberlandesgericht Köln
2010–15
Ernennung zum Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf
2015
Versetzung in den Ruhestand
2016
Bestellung zum Ombudsmann der deutschen genossenschaftlichen Bankengruppe
Europarechtliche Regulierung der Streitschlichtung
Europarechtliche Regulierung der Streitschlichtung
Die Mitgliedstaaten der EU hatten bis zum 9. Juli 2015 die Richtlinie über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten vom 21. Mai 2013 (ADR-Richtlinie) in nationales Recht umzusetzen. Mit der Richtlinie wird europaweit ein großer Schritt hin zu einer umfassenden außergerichtlichen Streitschlichtung gemacht. Mit etwas Verspätung hat der deutsche Gesetzgeber das Gesetz vom 19. Februar 2016 verabschiedet, das am 25. Februar 2016 im Bundesgesetzblatt (BGBl) verkündet wurde1 und in Teilen am 1. April 2016 in Kraft trat.
Durch das Gesetz zur Umsetzung der ADR-Richtlinie und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten soll sichergestellt werden, dass für jegliche Streitigkeiten zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmen eine außergerichtliche Streitbeilegung ermöglicht wird. Der ordentliche Rechtsweg wird – wie bisher – dadurch nicht beschränkt, vielmehr ergänzen sich die Möglichkeiten zur außergerichtlichen Schlichtung einerseits sowie der gerichtlichen Klärung von Streitigkeiten andererseits. Die Vorteile der außergerichtlichen Streitschlichtung liegen dabei auf der Hand: Der Kunde kann eine Streitigkeit weniger förmlich, unentgeltlich und schnell aufklären lassen. Der Unternehmer kann auf freiwilliger Basis die Kundenzufriedenheit durch ein geeignetes Beschwerdemanagement steigern. Die Befürchtung, die alternative Streitbeilegung führe zu einer von Prozessschwund begleiteten Privatisierung der Justiz, dürfte unberechtigt sein.
Herzstück des Gesetzes ist das in Artikel 1 geregelte Gesetz über die alternative Streitbeilegung in Verbrauchersachen (Verbraucherstreitbeilegungsgesetz – VSBG), das in seinem sachlichen Anwendungsbereich auch für Verbraucherschlichtungsstellen gilt, die nach anderen gesetzlichen Vorschriften anerkannt, beauftragt oder eingerichtet wurden, sofern diese anderen Vorschriften keine abweichenden Regelungen treffen. So gilt das VSBG also grundsätzlich auch für die Kundenbeschwerdestelle beim BVR, die sich nach § 14 Absatz 3 UKlaG als private Verbraucherschlichtungsstelle anerkennen lassen wird.
Die Organisation, Finanzierung und Verfahrensordnung der Kundenbeschwerdestelle beim BVR muss jedoch vorrangig den Vorschriften des UKlaG und der vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz erlassenen Finanzschlichtungsverordnung (FinSV) vom 5. September 2016 entsprechen, die somit als Spezialregelungen Vorrang vor den entsprechenden Regelungen des VSBG haben.
Der Gesetzgeber hat in der Übergangsvorschrift des § 16 Absatz 2 UKlaG geregelt, dass die Schlichtungsstellen der Verbände, denen die Schlichtungsaufgabe gemäß § 7 Absatz 1 und 2 der Schlichtungsstellenverfahrensverordnung bereits wirksam übertragen wurde, bis zum 1. Februar 2017 als anerkannte private Verbraucherschlichtungsstellen gelten. Die Kundenbeschwerdestelle beim BVR kann somit während dieser Übergangszeit, die den Berichtszeitraum 2016 vollständig abdeckt, nach den bisherigen rechtlichen Rahmenbedingungen weiter tätig sein. Erst mit Wirkung ab 1. Februar 2017 ist die Verfahrensordnung an die Neuregelungen der FinSV anzupassen, damit die Kundenbeschwerdestelle beim BVR als „private Verbraucherschlichtungsstelle“ anerkannt wird.
Eckpunkte des neuen Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes
Die Abschnitte 1 bis 3 (§§ 1–23 VSBG) regeln sowohl die Voraussetzungen als auch das Verfahren von privaten Verbraucherschlichtungsstellen, die auf Antrag die außergerichtliche Beilegung von Streitigkeiten aus einem Verbrauchervertrag gemäß § 310 Absatz 3 BGB oder über dessen Bestehen durchführt; arbeitsvertragliche Streitigkeiten sowie nichtwirtschaftliche Dienstleistungen sind von der Streitschlichtung ausdrücklich ausgeschlossen.
Der Streitmittler muss über die Rechtskenntnisse, insbesondere im Verbraucherrecht, das Fachwissen und die Fähigkeiten verfügen, die für die Beilegung von Streitigkeiten erforderlich sind. Er muss die Befähigung zum Richteramt besitzen.
Galt die Erstattung einer Strafanzeige nach Nummer 3 Absatz 2 Buchstabe c unter den dort genannten Voraussetzungen als Schlichtungshindernis, so wird eine Strafanzeige nach der FinSV bei Beschwerden, die nach dem 31. Januar 2017 bei der Kundenbeschwerdestelle eingehen, kein Ablehnungsgrund mehr sein. Ob nach Erstattung einer Strafanzeige gegen die Bank oder deren Mitarbeiter allerdings noch die Chance einer Einigung im Streitbeilegungsverfahren besteht, wird die Zukunft erweisen.
Im Übrigen gelten die bisherigen Ablehnungsgründe auch unter dem neuen Regelungsregime nahezu unverändert fort (vergleiche § 6 FinSV).
Wesentliche Neuregelungen im VSBG sind die neuen Informationspflichten der Unternehmen und der Verbraucherschlichtungsstellen. Allgemein haben Unternehmen ab dem 1. Februar 2017 den Verbraucher darüber auf ihrer Website und zusammen mit ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu informieren, inwieweit sie bereit sind, am Streitbeilegungsverfahren einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, und auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen. Diese Informationspflicht gilt unabhängig von einer konkreten Meinungsverschiedenheit (abstrakte Informationspflicht).
Dieselbe Informationspflicht trifft einen Unternehmer beziehungsweise eine Bank, wenn in einem konkreten Einzelfall ein Streit nicht beigelegt werden konnte. In einem solchen Einzelfall hat der Unternehmer beziehungsweise die Bank den Kunden in Textform über die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle, deren Anschrift sowie deren Webseite zu informieren (konkrete Informationspflicht).
Beide Informationspflichten dürften künftig zu einem signifikant steigenden Beschwerdeaufkommen bei der Kundenbeschwerdestelle beim BVR beitragen.
Ergänzt wird diese Informationspflicht durch die Verpflichtung der Unternehmen nach Artikel 14 der EU-Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten, auf ihrer Website einen Link zur sogenannten OS-Plattform der EU-Kommission einzustellen und ihre E-Mail-Adresse anzugeben. Die OS-Plattform soll Verbrauchern eine einfache, effiziente, schnelle und kostengünstige außergerichtliche Möglichkeit zur Lösung von Streitigkeiten bieten, die sich aus Online-Rechtsgeschäften ergeben. Hierzu hat die EU-Kommission zum 15. Februar 2016 eine internetgestützte Plattform mit einer Datenbank der anerkannten Streitbeilegungsstellen in der Europäischen Union eingerichtet. Der Zugang des Verbrauchers zur EU-Plattform erfolgt unter dem Link: http://ec.europa.eu/consumers/odr. Sinn und Zweck dieser Plattform ist, dass Verbraucher, die einen Online-Dienstleistungsvertrag oder einen Online-Kaufvertrag mit Unternehmen beziehungsweise einem genossenschaftlichen Kreditinstitut abgeschlossen haben, sich mit ihrer Beschwerde an eine zentrale Anlaufstelle wenden können. Selbstverständlich können sich diese Kunden auch direkt an die Kundenbeschwerdestelle beim BVR wenden.
Schließlich muss die Kundenbeschwerdestelle beim BVR auf ihrer Website klar und verständlich Informationen unter anderem zur Erreichbarkeit, Zuständigkeit, zur Anerkennung als private Verbraucherschlichtungsstelle, zum Ablauf und den Kosten des Verfahrens vorhalten. Diese Anforderungen wurden bereits umgesetzt.
Ohne Zweifel erfährt die außergerichtliche Streitschlichtung durch die Neuregelungen eine Stärkung. Der Zugang des Verbrauchers zum Recht wird in der Breite des Verbraucherrechts erleichtert, ohne dass eine Änderung der Rechtskultur als solche zu erwarten ist.
Eine freiwillige Beantragung der Anerkennung der Kundenbeschwerdestelle beim BVR als private Verbraucherschlichtungsstelle vermeidet die (nur subsidiär gegebene) gesetzliche Zuständigkeit der behördlichen Verbraucherschlichtungsstellen, beispielsweise der Deutschen Bundesbank beziehungsweise Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, vergleiche § 14 Absatz 1 UKlaG. Die Länder haben darüber hinaus ein ergänzendes Angebot an behördlichen Verbraucherschlichtungsstellen bereitzustellen, vergleiche § 29 VSBG. Der Antrag auf Anerkennung als private Verbraucherschlichtungsstelle wird vom Bundesamt für Justiz bearbeitet und setzt Angaben zum Trägerverein, zur Schlichtungsstelle und zu den materiellen Anerkennungsvoraussetzungen gemäß § 24 VSBG voraus.
Ohne Zweifel erfährt die außergerichtliche Streitschlichtung durch die Neuregelungen eine Stärkung. Der Zugang des Verbrauchers zum Recht wird in der Breite des Verbraucherrechts erleichtert, ohne dass eine Änderung der Rechtskultur als solche zu erwarten ist.