Systematisch bedingte oder signifikant häufig auftretende Problemstellungen
a) Kreditgeschäft
Ein hoher Anteil der eingereichten Anträge auf Streitbeilegung betraf im Berichtszeitraum 2019 das Kreditgeschäft.
Viele Kunden stellten einen Streitbeilegungsantrag, weil die Bank sich geweigert hatte, einen Dispositionskredit einzuräumen, oder weil das Dispositionslimit gekürzt oder gelöscht wurde oder die Bank eine Überziehung des Limits nicht duldete. Bei all diesen Fragen handelt es sich um geschäftspolitische Entscheidungen der Bank, in die im Streitbeilegungsverfahren nicht eingegriffen werden kann. Einen materiellen Anspruch auf Einräumung eines Kredits gibt es im deutschen Recht grundsätzlich nicht. Sofern die Antragsteller konkrete Forderungen erhoben haben, waren die Anträge zwar zulässig, aber im Hinblick auf die Privatautonomie unbegründet.
Bei Immobiliarkrediten gab es – wie in den Vorjahren – wieder eine Reihe von Streitigkeiten, die im Zusammenhang mit einer beabsichtigten vorzeitigen Rückzahlung von Darlehen standen. So sind laufzeitunabhängige Kündigungen eines Darlehens mit Zinsfestschreibung grundsätzlich (vergleiche § 489 Absatz 1 Nummer 1 BGB) nicht möglich. Das Gesetz lässt bei Immobiliardarlehen mit gebundenem Sollzins die vorzeitige Rückführung des Darlehensbetrages zu, wenn der Darlehensnehmer ein berechtigtes Interesse an einer vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens darlegen kann. Dieses liegt nicht nur vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der Darlehenssicherheit hat, wie schon das Wort „insbesondere“ in § 490 Absatz 2 Satz 2 BGB deutlich macht. Dass eine solche nicht abschließende Aufzählung im nationalen Recht Raum für eine richtlinienkonforme Auslegung schafft, hat der Streitschlichter in seinem Schlichtungsvorschlag im Verfahren H 32/19 klargestellt, in dem sich der Antragsteller auf einen in der EU-Richtlinie ausdrücklich genannten Erwägungsgrund berief:
Zwischen den Parteien bestehen unter anderem zwei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge vom jeweils 26. Januar 2017. Darlehensnehmer sind sowohl der Antragsteller als auch Frau G.
Der Antragsteller möchte die beiden Darlehen vorzeitig zurückführen. Er verweist darauf, dass er seit Anfang dieses Jahres arbeitslos ist. In rechtlicher Hinsicht stützt er sich auf den Erwägungsgrund 66 der Richtlinie 2014/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2015.
Dem tritt die Antragsgegnerin entgegen. Sie ist der Ansicht, dass ein berechtigtes Interesse nur dann vorliege, wenn der Kreditnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Kredits beliehenen Sache hat.
1.
Der Antragsteller ist zu einer vorzeitigen Rückzahlung der noch offenen Darlehensbeträge berechtigt.
Das ergibt sich aus der hier gebotenen richtlinienkonformen Auslegung von § 500 Absatz 2 Satz 2 BGB. Nach dieser Vorschrift kann der Darlehensnehmer eines Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrags, für den ein gebundener Sollzinssatz vereinbart wurde, seine Verbindlichkeit im Zeitraum der Sollzinsbindung (nur) dann vorzeitig erfüllen, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse des Darlehensnehmers besteht. Von einer gesetzlichen Regelung des Begriffs „berechtigtes Interesse“ hat der Gesetzgeber abgesehen. Insoweit unterscheidet sich die gesetzliche Regelung in § 500 Absatz 2 Satz 2 BGB von der in § 490 Absatz 2 Satz 2 BGB: Die dort geregelte Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung eines grundpfandrechtlich gesicherten Darlehensvertrags mit gebundenem Sollzinssatz setzt ebenfalls ein „berechtigtes Interesse“ voraus, das insbesondere dann vorliegt, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung des Sicherungsobjekts hat.
Aus der Verwendung des Begriffs „insbesondere“ wird deutlich, dass nach dem Willen des Gesetzgebers auch andere tatsächliche Umstände geeignet sein können, ein solches „berechtigtes Interesse“ an der vorzeitigen Kündigung zu begründen. Selbst wenn man zur näheren Eingrenzung des Begriffs „berechtigtes Interesse“ in § 500 Absatz 2 Satz 2 BGB auf die Regelung in § 490 Absatz 2 Satz 2 BGB zurückgreifen würde, ergäbe sich deshalb hieraus nicht, dass nur der Fall der anderweitigen Verwertung des Sicherungsobjekts eine vorzeitige Rückzahlung des Kredits ermöglicht. Ich meine aber, dass die für eine außerordentliche Kündigung geltende Regelung in § 490 Absatz 2 Satz 2 BGB auf den hier vorliegenden Fall einer vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens nicht anzuwenden ist. Die Regelung in § 490 Absatz 2 Satz 2 BGB ist durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I 3138) in das BGB eingefügt worden. Demgegenüber geht § 500 Absatz 2 Satz 2 BGB auf das weit später verabschiedete Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie vom 11. März 2016 (BGBl. I 396) zurück. Hätte der Gesetzgeber die in § 500 Absatz 2 Satz 2 BGB geregelte Möglichkeit der vorzeitigen Rückführung eines Darlehens vom Vorliegen des gleichen „berechtigten Interesses“ abhängig machen wollen wie die vorzeitige Kündigung in § 490 Absatz 2 Satz 2 BGB, wäre es ein Einfaches gewesen, die Regelung in § 490 Absatz 2 Satz 2 BGB für diesen Fall entsprechend anwendbar zu erklären. Davon hat der Gesetzgeber aber abgesehen. Damit ist der Begriff des „berechtigten Interesses“ in § 500 Absatz 2 Satz 2 BGB vom Gesetzgeber nicht näher definiert, aber auch nicht durch den „InsbesondereFall“ des § 490 Absatz 2 Satz 2 BGB eingeschränkt worden.
Was als „berechtigtes Interesse“ im Sinne des § 500 Absatz 2 Satz 2 BGB anzusehen ist, muss deshalb im Wege der Gesetzesauslegung ermittelt werden. Bei der Gesetzesauslegung geht es darum, den wirklichen Sinn eines Gesetzes zu erforschen. Hierfür sind in der Rechtsprechung und in der Rechtswissenschaft verschiedene Auslegungsmethoden entwickelt worden. Für Normen, die im Vollzug einer EU-Richtlinie erlassen worden sind, gilt der Grundsatz der sogenannten „richtlinienkonformen Auslegung“ (BGH, Urteil vom 9. April 2002 – XI ZR 91/99). Die demnach gebotene Auslegung von § 500 Absatz 2 Satz 2 BGB im Lichte der Richtlinie 2017/14/EU lässt aber keinen Zweifel daran aufkommen, dass der Eintritt der Arbeitslosigkeit ein „berechtigtes Interesse“ des Darlehensnehmers an der vorzeitigen Rückführung des Darlehens begründet.
Aus den Hinweisen der Antragsgegnerin auf die Bestimmungen in den Allgemeinen Bedingungen für Kredite und Darlehen ergibt sich nichts anderes. Diese Bestimmungen regeln die Kündigung von Darlehensverträgen, nicht aber die vorzeitige Rückführung. Dass diese Bestimmungen einer vorzeitigen Rückführung nicht entgegenstehen und auch nicht entgegengehalten werden dürfen, ergibt sich zudem ausdrücklich aus § 512 BGB. Nach dieser Vorschrift darf eine vorzeitige Rückführung eines Darlehens, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse besteht, nicht durch anderweitige Vertragsgestaltungen verhindert oder erschwert werden.
Damit besteht kein Zweifel daran, dass die beim Antragsteller eingetretene Arbeitslosigkeit ein berechtigtes Interesse an der vorzeitigen Rückführung der beiden Darlehen begründet.
2.
Die vorzeitige Rückführung der Darlehen hat zur Folge, dass der Darlehensgeber eine angemessene Entschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückführung zusammenhängenden Schaden verlangen kann, § 502 Absatz 1 Satz 1 BGB. Damit schulden die Darlehensnehmer bei vorzeitiger Rückzahlung die in diesem Fall nicht nach § 502 Absatz 3 BGB „gedeckelte“ Vorfälligkeitsentschädigung. Die Höhe dieser Entschädigung kann ich nicht berechnen.
Sofern der Darlehensnehmer ein außerordentliches Kündigungsrecht hat und es zur vorzeitigen Beendigung eines Darlehens kommt, so hat er nach § 490 Absatz 2 BGB der Bank denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vorzeitige Beendigung des Darlehens entsteht. Immer wieder monieren die Antragsteller die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung oder, wie im folgenden Schlichtungsvorschlag M 8/19, den Ansatz und die Nachvollziehbarkeit einzelner Parameter für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung.
Im Verfahren M 8/19 beanstandete der Antragsteller den Ansatz schadensmindernder Positionen der Höhe nach, die die Bank bei der Berechnung der Schadenshöhe zu berücksichtigen hat: Die Bank hat zwar ersparte Verwaltungsaufwendungen und ersparte Risikokosten bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung mindernd zu berücksichtigen. Der Darlehensnehmer hat allerdings keinen Anspruch darauf, dass die Bank die hierfür in der Rechtsprechung vorgegebenen Beurteilungsspielräume stets in vollem Umfang zugunsten des Darlehensnehmers ausnutzt. Die Beurteilungsspielräume werden vielmehr nach dem Ermessen der Bank wahrgenommen. Eine solche von der Bank vorgenommene Ermessensentscheidung kann vom Streitschlichter nur eingeschränkt überprüft werden:
Der Antragsteller moniert mit seinem Schlichtungsantrag die Höhe zweier ihm berechneter Vorfälligkeitsentschädigungen.
Der Antragsteller hat zwei im Jahr 2018 aufgenommene Darlehen im Januar 2019 nach berechtigter Kündigung vorzeitig zurückgeführt. Der Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung lag ursprünglich eine Berechnung der Bank vom 8. Januar 2019 zugrunde, bei der eine Rückführung der Darlehen zum 20. Januar 2019 angenommen worden ist. Für das Darlehen über 55.769,38 Euro sah die Berechnung neben dem Zinsverschlechterungsschaden die Berücksichtigung eingesparter Verwaltungskosten in Höhe von 25,58 Euro jährlich vor; eine ersparte Risikovorsorge war nicht vorgesehen. Beim weiteren Darlehen über 31.796,01 Euro wurden ebenfalls ersparte Verwaltungskosten in Höhe von 25,56 Euro jährlich berücksichtigt; zudem wurde bei diesem Darlehen eine ersparte Risikovorsorge von 0,014 Prozent jährlich angesetzt.
Diesen jeweiligen Ansatz hält der Antragsteller, wie er in einem ausführlich begründeten Schreiben an die Antragsgegnerin vom 22. Januar 2019 dargelegt hat, für unangemessen gering. Insbesondere wendet er sich dagegen, dass bei einem der beiden Darlehen nur deshalb, weil es sich innerhalb des sogenannten „60-Prozent-Bereichs“ befunden habe, überhaupt kein Risikoabschlag vorgenommen worden sei. Er wirft zudem die Frage auf, ob es sachgemäß sei, dass die Antragsgegnerin in ihrem Interesse liegende Abwicklungskosten, nämlich die Notarkosten zur Beglaubigung der Unterschrift, ihm in Rechnung stelle.
Unter dem 5. März 2019 hat die Antragsgegnerin eine neue Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigungen vorgenommen, und zwar bezogen auf die erfolgte Rückführung der Darlehen zum 24. Januar 2019. Diese sieht nun auch für das weitere Darlehen die Berücksichtigung eines Risikoabschlags vor. Die sich gegenüber der Berechnung vom 8. Januar 2019 ergebende Differenz hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller erstattet.
Die nunmehr unter dem 5. März 2019 korrigierten Berechnungen der beiden Vorfälligkeitsentschädigungen vermag ich nicht zu beanstanden, sodass ich den Schlichtungsantrag nicht unterstützen kann.
Der einer Bank infolge der vorzeitigen und somit vertragswidrigen Rückführung des Darlehens entstandene Zinsverschlechterungsschaden ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 7. November 2000 – XI ZR 27/00) um zwei Positionen zu mindern, nämlich zum einen um ersparte Risikokosten und zum anderen um den durch die vorzeitige Rückzahlung bedingten ersparten Verwaltungsaufwand.
Bei der Beantwortung der Frage, wie hoch das Risiko der Nichttilgung anzusetzen ist, das durch die vorzeitige Rückführung eines Darlehens wegfällt, darf die Bank ihre Erkenntnisse und Erfahrungen im Zusammenhang mit der Tilgung des Darlehens einfließen lassen. Gleiches gilt für die Frage, welchen Verwaltungsaufwand die Bank durch die vorzeitige Rückführung einspart. Hinsichtlich dieser beiden Berechnungsfaktoren kommt deshalb der Bank ein gewisser Beurteilungsspielraum zu, den ein Gericht ebenso wie ein Ombudsmann nicht auf Mark und Pfennig überprüfen kann und darf. Vielmehr ist die Kontrolle auf die Einhaltung dieses Beurteilungsspielraums beschränkt.
Richtig ist, dass der Abschlag für die entfallende Risikovorsorge hier im untersten Bereich angesetzt worden ist. In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte (OLG) wurden insoweit Abschläge zwischen 0,05 Prozent und 0,06 Prozent (OLG Hamm, Urteil vom 3. November 1997 – 31 U 95/97, WM 1998, 1811, 1812, und Urteil vom 31. Januar 2000 – 31 U 72799, WM 2000, 1145; OLG Köln, Urteil vom 12. August 1998 – 13 U 86/97, WM 1999, 1661, 1662) beziehungsweise von gar nur 0,014 Prozent (so in dem vom Antragsteller selbst zitierten Urteil des SchleswigHolsteinischen Oberlandesgerichts vom 8. Januar 1998 – 5 U 124/95, WM 1998, 861, 863) gemacht beziehungsweise für zulässig erachtet. Damit hält sich der hier – nunmehr bei beiden Darlehen – berechnete Abschlag von 0,014 Prozent gerade noch innerhalb des von den Gerichten zugelassenen Rahmens. Dies erscheint mir vorliegend auch noch vertretbar. Bei der Bezifferung des entfallenden Risikos der abzulösenden Darlehen sind in die Schätzung zum einen das allgemeine Rückzahlungsrisiko und die Gefahr eines Werteinbruchs auf dem Immobilienmarkt einzubringen. Zum anderen sind die personenbezogenen Faktoren des individuellen Darlehensvertrags zu bedenken (SchleswigHolsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 8. Januar 1998 – 5 U 124/95 –,Rn. 17, juris). Das allgemeine Rückzahlungsrisiko war hier eher gering einzuschätzen. Zudem waren beide Darlehen dinglich gesichert. Bei einem der beiden Darlehen lag die offene Forderung innerhalb des Bereichs von 60 Prozent des Beleihungswerts des Sicherungsgrundstücks. All dies lässt es vertretbar erscheinen, das ersparte Risiko im untersten Bereich anzusiedeln.
Auch die Höhe der ersparten Verwaltungskosten ist nicht zu gering angesetzt. Wenn, wovon ich ausgehe, die bisherige Rückführung eines Darlehens problemlos erfolgt ist, ist der ersparte Verwaltungsaufwand als gering anzusetzen. Üblicherweise liegt der von den Banken insoweit vorgenommene Abzug in einem Bereich von 20,00 bis 40,00 Euro, gelegentlich auch bei 50,00 Euro jährlich. Entgegen der Darstellung des Antragstellers hat das Schleswig-Holsteinische OLG in der bereits erwähnten Entscheidung die ersparten Verwaltungsaufwendungen nicht mit 5,11 Euro monatlich, sondern mit 40,00 DM jährlich angesetzt. Auch insoweit komme ich deshalb zu der Annahme, dass die Ersparnis seitens der Bank zwar erneut im unteren Bereich angesetzt worden ist, aber eben auch noch innerhalb des vertretbaren Bereichs.
Und was schließlich die auf den Antragsteller umgelegten Notarkosten anbelangt: Seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7. Mai 1991 im Verfahren XI ZR 244/90 wird nicht mehr ernsthaft angezweifelt, dass die Bank auf der Grundlage von § 670 BG berechtigt ist, diese allein auf Veranlassung und im Interesse des Darlehensnehmers entstandenen Aufwendungen ersetzt zu verlangen.
Insgesamt sehe ich deshalb keine ausreichende Grundlage für einen dem Antragsteller günstigen Schlichtungsvorschlag.
Der Ombudsmann hatte sich mitunter mit dem Pflichtenumfang bei der Kreditwürdigkeitsprüfung, die jeder Vergabe eines Verbraucherdarlehensvertrags vorausgeht, zu beschäftigen. Die Rechtsgrundlage für eine solche Prüfung ist in § 505 a BGB geregelt. Im Verfahren H 78/19 machte ein Miterbe die Rechtsfolgen aus einer Verletzung der Pflicht zur Durchführung einer ordnungsgemäßen Kreditwürdigkeitsprüfung geltend. Dabei stellte der Ombudsmann aufgrund der durch die Parteien geschilderten Umstände des Einzelfalls fest, dass eine Bank sich grundsätzlich darauf verlassen dürfe, dass der Darlehensnehmer wahrheitsgemäße Angaben bei der Beantragung eines Darlehens macht und sich gerade nicht mit betrügerischen Mitteln eine Kreditgewährung erschleicht:
Der Antragsteller ist Miterbe nach seinem am 4. März 2019 verstorbenen Vater F. J. H. (im Folgenden: Erblasser).
Zwischen dem Erblasser und der Antragsgegnerin bestand ein Verbraucher-Darlehensvertrag vom 7. Mai 2018 über 30.000,00 Euro. Der Vertrag sah monatliche Annuitätsraten in Höhe von 540,00 Euro bei einer Laufzeit von 59 Monaten vor; bis zum Ende dieser Laufzeit war der Zinssatz festgeschrieben.
Der Antragsteller macht nunmehr geltend, die Antragsgegnerin habe anlässlich der Kreditvergabe gegen ihre Verpflichtung zur Prüfung der Kreditwürdigkeit verstoßen. Sein Vater sei von Anfang an nicht in der Lage gewesen, den Kredit zu bedienen. Er beruft sich insoweit auf eine Kapitaldienstrechnung, die, soweit ich dies ersehen kann, vom 21. August 2019 stammt und die auf der Ausgabeseite einen Betrag von 4.000,00 Euro für die Bedienung eines Kredits bei einer anderen Volksbank beinhaltet. Diese Berechnung schließt mit einer Unterdeckung in Höhe von 1.158,30 Euro. Er verweist zudem auf „regelmäßige Rücklastschriften und Kontopfändungen“.
Dem tritt die Antragsgegnerin entgegen. Sie legt Umsatzlisten für das vom Erblasser geführte Girokonto sowie eine Liquiditäts- und Einkommensberechnung vom 7. Mai 2018 vor. Letztere enthält für die Kreditraten gegenüber der anderen Volksbank lediglich den Betrag von 3.100,00 Euro und schließt mit einem Überschuss von 204,90 Euro. Die ihr vorliegende Kontopfändung sei mit dem Erblasser besprochen worden; der Betrag habe aus dem vorhandenen Guthaben sogleich beglichen werden können, sodass sich negative Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit nicht ergeben hätten. Das Darlehen habe für die Renovierung einer Wohnung verwendet werden sollen, was Mieteinnahmen in Höhe von 1.500,00 Euro generiert hätte. Seit der Kreditvergabe seien die monatlichen Annuitäten ordnungsgemäß erbracht worden, ohne dass das Girokonto eine negative Entwicklung genommen hätte.
Auf der Grundlage des mir vorliegenden Sach- und Streitstands räume ich einem gerichtlichen Vorgehen des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin keine nennenswerten Erfolgsaussichten ein. Ich vermag nicht mit der gebotenen Sicherheit festzustellen, dass die Antragsgegnerin im hier vorliegenden Fall gegen ihre Pflicht zur Kreditprüfung verstoßen hat. Der zulässige Schlichtungsantrag – meine in der Verfügung vom 18. November 2019 geäußerten Bedenken sind im Hinblick auf die ergänzende Stellungnahme des Antragstellers mittlerweile unbegründet – bleibt deshalb im Wesentlichen ohne Erfolg.
1.
Nach § 505 a Absatz 1 Satz 1 BGB hat der Darlehensgeber vor dem Abschluss eines VerbraucherDarlehensvertrags die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers zu prüfen. Einen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag darf der Darlehensgeber nach Satz 2 dieser Vorschrift nur abschließen, wenn aus der Kreditwürdigkeitsprüfung hervorgeht, dass keine erheblichen Zweifel daran bestehen, dass der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen, die er im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag eingeht, vertragsgemäß nachkommen wird. Verletzt der Darlehensgeber diese Prüfungspflicht, ergeben sich die Rechtsfolgen aus § 505 d BGB.
2.
Daran, dass die Antragsgegnerin diese Prüfungspflicht verletzt hat, bestehen erhebliche Zweifel.
a) Ich vermag schon nicht mit Sicherheit festzustellen, welchen Betrag der Erblasser am 7. Mai 2018 tatsächlich für die Tilgung des weiteren Darlehens bei der anderen Volksbank aufzubringen hatte. Verwertbare Unterlagen – vergleiche dazu § 6 Absatz 5 der Verfahrensordnung – hierzu sind mir, obwohl sie doch im Nachlass zuhauf vorhanden sein müssten, nicht vorgelegt worden. Mir liegt lediglich eine offensichtlich vom Antragsteller am 21. August 2019 selbst erstellte Kapitaldienstberechnung vor, die ausweist, dass an die andere Volksbank monatlich 4.000,00 Euro zu zahlen seien. Mit einer solchen Darstellung kann ich beim besten Willen nichts anfangen; sie hat keinerlei Aussage-, geschweige denn Beweiskraft. Dieser Darstellung steht die Liquiditäts- und Einkommensberechnung seitens der Antragsgegnerin vom 7. Mai 2018 gegenüber, die einen Betrag von lediglich 3.100,00 Euro für die Tilgung des weiteren Darlehens ausweist. Eine sichere Feststellung, welcher Betrag vom Erblasser damals wirklich aufzubringen war, ist mir auf dieser Grundlage nicht möglich.
b) Aber selbst dann, wenn der vom Erblasser für das weitere Darlehen monatlich aufzubringende Betrag am 7. Mai 2018 tatsächlich 4.000,00 Euro betragen haben sollte, lässt sich eine Verletzung der Prüfungspflicht seitens der Antragsgegnerin nicht mit Sicherheit feststellen. Der Darlehensgeber ist nach § 505a Absatz 1 BGB zur Kreditwürdigkeitsprüfung verpflichtet, wobei er nach § 505 b Absatz 1 BGB auch die Auskünfte des Darlehensnehmers nutzen darf; nicht verpflichtet ist er aber dazu, jede einzelne Angabe des Darlehensnehmers auf ihre Richtigkeit hin nahezu detektivisch zu überprüfen.
Gibt die Entwicklung einer schon bestehenden Geschäftsbeziehung zwischen dem Darlehensnehmer und dem Darlehensgeber, wie dies hier der Fall ist, keinen Anlass, an der Richtigkeit der Auskünfte des Darlehensnehmers zu zweifeln, dann darf der Darlehensgeber sich grundsätzlich darauf verlassen, dass der Darlehensnehmer ihn mit der Wahrheit bedient und dass dieser nicht darauf aus ist, sich mit betrügerischen Mitteln einen Kredit zu verschaffen, auf den er bei wahrheitsgemäßen Auskünften keinen Anspruch hätte. Deshalb mag der Ansatz des Monatsbetrags von 3.100,00 Euro für die Bedienung des weiteren Kredits in der Auflistung der Antragsgegnerin objektiv falsch sein. Eine Verletzung der die Antragsgegnerin treffende Prüfungspflicht vermag dies angesichts der hier obwaltenden Umstände aber nicht zu begründen.
c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Aspekt der „Kontopfändungen“. Solche Kontopfändungen gab es nicht. Aus den mir vorliegenden Unterlagen ergibt sich, dass der Antragsgegnerin lediglich eine einzige Kontopfändung vorlag, nämlich eine Pfändung seitens eines Finanzamts wegen eines Betrags von 1.627,91 Euro. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Sachvortrag der Antragsgegnerin ist diese Pfändung mit Hilfe des vorhandenen Guthabens sogleich erledigt worden. Dass dieser Vorgang auf die Kreditwürdigkeit keinen maßgeblichen Einfluss hat, liegt auf der Hand. Die vom Antragsteller vorgelegte Auflistung über die bei dem für den Erblasser zuständigen Gerichtsvollzieher eingegangenen Zwangsvollstreckungsaufträge ist wiederum ohne jede Aussage- und Beweiskraft. Von Zwangsvollstreckungsaufträgen an den Gerichtsvollzieher, die nicht mit einer Pfändung einhergehen, erfährt eine Bank üblicherweise nichts. Es wäre Sache des Erblassers gewesen, die Antragsgegnerin über diese Umstände aufzuklären. Tut er dies nicht, hat die Bank keine Möglichkeit, dem Darlehensnehmer deswegen auch nur einen – halbwegs konkreten – Vorhalt zu machen.
d) Auch „regelmäßige Rücklastschriften“ vermag ich nicht festzustellen. Aus den mir von der Antragsgegnerin vorgelegten Kontoumsatzlisten ergibt sich keine einzige Rücklastschrift. Wenn es solche Rücklastschriften gegeben haben sollte, wären diese doch problemlos durch die Vorlage entsprechender Kontoauszüge nachweisbar. Solche legt der Antragsteller nicht vor. Dies verwundert doch sehr.
e) Schließlich und letztlich: An dem entscheidenden Argument für eine Verletzung der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung und einem daraus resultierenden Verstoß gegen § 505 a Absatz 1 Satz 2 BGB seitens der Antragsgegnerin fehlt es vorliegend. Eine Verletzung dieser Pflicht äußert sich nämlich üblicherweise darin, dass die fehlende Kreditwürdigkeit im Verlaufe der Darlehensabwicklung auch zutage tritt und erkennbar wird. Eine solche Folge, also im Regelfall das Ausbleiben der vereinbarten Annuitäten, ist sicherlich nicht unbedingte Voraussetzung für die Annahme einer Verletzung der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung. Ist der Darlehensnehmer aber problemlos in der Lage, den Kredit zu bedienen, dann sprechen alle Umstände dafür, dass der Darlehensgeber die Kreditwürdigkeit zureichend geprüft und das Prüfungsergebnis zutreffend bewertet hat. Dies ist hier der Fall. Nach dem ebenfalls unwidersprochen gebliebenen Sachvortrag der Antragsgegnerin hat der Erblasser zeitlebens das Darlehen ordnungsgemäß bedient, ohne gleichzeitig das Kontokorrentkonto zu überbeanspruchen. Damit fehlt es aber an dem entscheidenden Indiz für die Annahme, die Verpflichtungen aus dem Kredit hätten den Erblasser überfordert.
Die Beantwortung der Frage, ob der Erblasser den Kredit tatsächlich für die Renovierung einer Wohnung und damit für die Erzielung weiterer Einkünfte verwenden wollte, ist damit nicht mehr entscheidungserheblich. Die vom Antragsteller in seiner Erwiderung vom 8. November 2019 aufgeworfenen Fragen kann ich nicht beantworten. Aufgabe eines Antragstellers in einem Schlichtungsverfahren ist es auch nicht, Fragen zu stellen, sondern Tatsachen vorzutragen und deren Richtigkeit nachzuweisen. Mit der Stellung von Fragen hat noch niemand in einem Schlichtungsverfahren obsiegt!
Nach alldem wird eine Rechtsverfolgung seitens des Antragstellers und seines Miterben mit großer Wahrscheinlichkeit aussichtslos sein.
Gleichwohl möchte ich den Parteien zur Vermeidung einer eventuellen gerichtlichen Auseinandersetzung einen Vorschlag für eine gütliche Einigung unterbreiten. Dieser muss sich natürlich an meiner Einschätzung der Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Vorgehens gegen die Antragsgegnerin orientieren. Es kommt ein weiterer Umstand hinzu, den ich bisher negiert habe und den ich auch negieren konnte: Gemäß § 1922 BGB sind sowohl der Antragsteller als auch der Miterbe S.-F. H. der Antragsgegnerin gegenüber aus dem Darlehensvertrag verpflichtet. Eine gütliche Einigung setzt deshalb die Beteiligung und Zustimmung des Miterben, der am vorliegenden Schlichtungsverfahren nicht beteiligt ist, voraus. Diese herbeizuführen obliegt dem Antragsteller.
Zur gütlichen Einigung schlage ich deshalb vor, dass die Parteien und der Miterbe sich darauf einigen, dass der Zinssatz aus dem Darlehen vom 7. Mai 2018 für die Zukunft auf 1,7 Prozent Jahreszinsen reduziert wird. Diese Änderung soll wirksam werden ab dem Zeitpunkt, zu dem der Antragsteller diesen Schlichtungsvorschlag angenommen und der Miterbe die Zustimmung zu dieser Änderung erklärt hat.
b) Kontoführung
Etliche Antragsteller beklagten sich darüber, dass die Bank das bisherige Kontoführungsmodell durch ein anderes, mit einem höheren Entgelt verbundenes Modell ersetzt hatte. Andere waren nicht einverstanden damit, dass ihr bislang kostenlos geführtes Konto in ein kostenpflichtiges umgewandelt werden sollte oder aber die Funktionalität des Onlinebankings von der Bank gekündigt wurde. In diesen Fällen klärte der Streitschlichter darüber auf, dass eine Bank unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorschrift des § 675 g BGB beziehungsweise der Fristenregelung in Nummer 12 Absatz 5 AGB Banken durchaus eine Vertragsänderung bei auf Dauer vom Kunden in Anspruch genommenen Hauptleistungen anbieten und so auf eine Vertragsänderung hinwirken kann. Dabei muss die Bank auf das Widerspruchsrecht des Bankkunden hinweisen. Nur dann gilt im Falle der Nichterklärung eines Widerspruchs das Vertragsänderungsangebot der Bank als vom Kunden angenommen. Oft bestreiten die Antragsteller, dass ihnen ein von der Bank versandtes Angebotsschreiben zur Vertragsänderung überhaupt zugegangen sei. Die Bank kann einen Zugang ihrer Willenserklärung mangels formeller Zustellung in der Regel nicht nachweisen. Dies führt im Schlichtungsverfahren zunächst zur Feststellung, dass eine Vertragsänderung durch die Bank nicht wirksam angeboten worden ist. Die Tatsache, dass die Bank mit einem weiteren Vertragsänderungsangebot entweder eine Vertragsänderung oder aber eine Beendigung der Geschäftsverbindung erzwingen kann und dass eine Feststellung der nicht erfolgten Vertragsänderung allein den Streit zwischen Kunde und Bank nicht beilegen kann, führte im nachfolgenden Schlichtungsverfahren H 29/19 zu einem Vergleichsvorschlag:
Die Antragsteller tragen vor, dass ihr Kontoführungsmodell von der Bank zum 1. Oktober 2018 geändert wurde und sie seitdem erhöhte Entgelte entrichten mussten. Sie verlangen die unveränderte Kontoführung und die Erstattung der infolge der Änderung berechneten Entgelterhöhungen. Sie behaupten, dass ihnen niemals ein die Änderungen betreffendes Schreiben zugegangen sei. Die Bank hat einen an alle betroffenen Kunden gerichteten Serienbrief vorgelegt und die Berechnungsgrundlagen für die ab dem 1. Oktober 2018 vereinnahmten Kontoführungsgebühren erläutert.
Der Schlichtungsantrag führt zu einem Vergleichsvorschlag.
Die Bank ist grundsätzlich berechtigt, ihre AGB zur Kontoführung, wozu auch die Bedingungen für die Kontomodelle gehören, zu ändern. Der allgemeine Grundsatz, dass Verträge einzuhalten sind („pacta sunt servanda“), gilt nicht uneingeschränkt. Bankvertragliche Geschäftsbeziehungen sind in der Regel auf Dauer angelegt, weshalb die ursprünglich festgelegten Konditionen nicht für alle Zeit verbindlich sein müssen. Eine solche Bindung könnte dazu führen, dass die verwendeten AGB nicht mehr den gesetzlichen und richterrechtlichen Vorgaben entsprechen, dass sich die Leistungen der Bank vom allgemeinen Markt- und Preisniveau abkoppeln und keine Anpassung an veränderte Gegebenheiten möglich wäre.
§ 675 g BGB eröffnet daher die Möglichkeit, Vereinbarungen zu treffen, die nachträgliche Vertragsänderungen auch so vorsehen, dass bei rechtzeitiger Beantragung seitens der Bank (mindestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Inkrafttreten der Änderung, § 675 g Absatz 1 BGB) die Zustimmung des Kunden dann als erteilt gilt, wenn dieser nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt seine Ablehnung erklärt (§ 675 g Absatz 2 BGB).
Das von der Bank vorgelegte Serienschreiben wäre auch grundsätzlich geeignet gewesen, den Antragstellern ein entsprechendes Vertragsänderungsangebot zu unterbreiten. Dazu hätte die Mitteilung allerdings auch zugehen müssen. Für den von Antragstellerseite ausdrücklich bestrittenen Zugang des Schreibens, mit dem die beabsichtigte Änderung mitgeteilt worden sein soll, ist die Bank nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweispflichtig, denn es handelt sich um eine zugangsbedürftige Willenserklärung (§ 130 Absatz 1 BGB).
Der Zugang steht aber nicht fest. Einen entsprechenden Zugangsnachweis hat die Bank im Schlichtungsverfahren nicht erbracht. Ihr nicht personalisiertes und nicht datiertes Zugangsschreiben besagt zu den konkreten Umständen im hier zu entscheidenden Einzelfall wenig. Ob die Bank auf anderem Wege einen geeigneten Zugangsnachweis erbringen kann, lässt sich nicht abschließend über blicken. Das erscheint, zumal bei einem seriellen Verfahren, als eher unwahrscheinlich.
Zu einer wirksamen Vertragsänderung – namentlich durch stillschweigende Zustimmung – ist es nach dem gegebenen Sachstand jedenfalls nicht feststellbar gekommen, denn die Antragsteller haben unstreitig die Vertragsänderung abgelehnt. Das muss mangels Zugangsnachweises auch als rechtzeitig angesehen werden.
Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen:
– Lehnt der Kunde eine ihm angebotene Änderung gegenüber der Bank ab, besteht das Vertragsverhältnis nach den ausdrücklichen Intentionen des Gesetzgebers zu den ursprünglich vereinbarten Bedingungen weiter fort (BT-Drucks. 16/11643, Seite 103; vergleiche dazu auch Schwintowski in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Auflage 2017, § 675 g BGB Rz. 5; Palandt/Sprau § 675 g BGB Rz. 7; Staudinger/Sebastian Omlor (2012), BGB § 675g Rz. 6).
– Wenn die Bank allerdings einen Zugangsnachweis erbringen können sollte, wäre es zu einer – stillschweigenden – Vertragsänderung gekommen.
– Selbst im Fall eines rechtzeitigen Widerspruchs und ohne eingetretene Vertragsänderung sollten die Antragsteller sich mit der Bank verständigen, denn die Bank kann jederzeit ein erneutes Änderungsverfahren einleiten oder die Geschäftsbeziehung komplett aufkündigen. Wenn eine Kunde ihm angetragene Vertragsänderungen nicht akzeptiert und auch nicht kündigt, droht ihm im Gegenzug eine Kündigung seitens der Bank nach Nummer 19 Absatz 1 der zugrunde liegenden AGB. Die Antragsteller sollten konzedieren, dass eine Bank die weitere Vertragsabwicklung praktisch nicht und jedenfalls nicht in zumutbarer Weise mit unterschiedlichen, parallel laufenden AGB durchführen kann.
Ich unterbreite daher zur abschließenden Streitbeilegung folgenden Einigungsvorschlag:
1.
Die Bank erstattet den Antragstellern die aufgrund der streitigen Vertragsänderung bislang berechneten Mehrkosten zur Hälfte.
2.
Die Parteien sind sich darüber einig, dass die geänderten Kontoführungsentgelte ab dem 1. Juli 2019 verbindlicher Vertragsbestandteil sind.
3.
Über den Abschluss dieses Vergleichs bewahren die Parteien Stillschweigen, es sei denn, dem stehen zwingende öffentliche – auch steuerliche – oder persönliche Belange entgegen.
Kontoinhaber können ihr Girokonto als Pfändungsschutzkonto (P-Konto) führen lassen, was immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten führt. In den meisten Fällen geht es um Meinungsverschiedenheiten über bestehende oder nichtbestehende Ansparmöglichkeiten im Rahmen der monatlichen Pfändungsfreibeträge. Viele Antragsteller gehen rechtsirrig davon aus, dass Guthaben auf einem P-Konto für immer und ewig vor Pfändungen geschützt sind, wie der folgende Schlichtungsvorschlag S 57/ 19 zeigt:
Die Antragstellerin hat bei der Bank ein P-Konto. Sie beanstandet eine Auskehrung aus Februar 2019 in Höhe von 75,81 Euro. Sie hält diese für rechtswidrig, weil die auf dem Konto eingehenden Zahlungen nie die Pfändungsfreigrenze überschritten hätten.
Die Bank hat ihre Vorgehensweise erläutert.
Den Schlichtungsantrag kann ich nicht befürworten.
Die Antragstellerin hat gegen die Bank keinen Anspruch auf Wiedergutschrift des ausgekehrten Betrags. Sie unterliegt leider einem grundlegenden Missverständnis. Es kommt nicht darauf an, ob die laufenden monatlichen Einzahlungen auf ihrem Konto unter dem Freibetrag liegen. Die Antragstellerin sollte beachten, dass sie mit ihrem Hinweis auf die Unterschreitung des Freibetrags nicht zugleich die Berechtigung begründen kann, Restguthaben aus den Vormonaten zeitlich unbeschränkt ansparen zu können.
Die Bank hat mit ihrer unwidersprochenen Stellungnahme vorgetragen, wie sie vorgegangen ist. Das ist nicht zu beanstanden.
Soweit der Kontoinhaber in einem Kalendermonat nicht über das Guthaben in Höhe des pfändungsfreien Betrags verfügt, wird dieses Guthaben gemäß § 850 k Absatz 1 Satz 3, § 850 k Absatz 2 Satz 2 ZPO nur in dem folgenden Kalendermonat zusätzlich zu dem für diesen Monat geschützten Guthaben nicht von der Pfändung erfasst, erhöht also den für diesen Monat geltenden Sockelfreibetrag um den Ansparübertrag. Wird über das in den Folgemonat übertragene Guthaben auch in diesem folgenden Monat nicht verfügt, so unterfällt es am Ende des Kalendermonats der Pfändung (vergleiche BGH, Beschluss vom 10. November 2011 – VII ZB 64/10, BGHZ 191, 270–276; BGH, Urteil vom 19. Oktober 2017 – IX ZR 3/17, juris).
Mit anderen Worten: Restguthaben aus einem Monat darf nicht einfach dauerhaft auf dem Konto stehen gelassen werden, sondern muss im Folgemonat abgehoben oder sonst verfügt (zum Beispiel überwiesen) werden.
Die Antragstellerin sollte ihre Beanstandung nicht weiterverfolgen.
Regelmäßig beschweren sich Empfänger von Sozialhilfeleistungen darüber, dass vormonatlich geleistete und wiederkehrende Einzahlungen auf das Pfändungsschutzkonto im Fall einer Kontopfändung bereits nach Ablauf des Folgemonats an einen Pfändungsgläubiger ausgekehrt wurden. Die Antragsteller berufen sich dabei zu Recht auf die im Jahr 2014 entwickelte und seitdem bestätigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach wiederkehrende Leistungen, die am Ende eines Monats für den Folgemonat dem P-Konto gutgeschrieben werden, in den hierauf folgenden Monat übertragen werden. Somit unterliegen solche Zahlungseingänge auch im übernächsten Monat nach dem Eingangsmonat (Monat der Gutschrift) dem Schutz des Pfändungsschutzkontos und werden mithin von einer Pfändung nicht erfasst, wie der Schlichtungsvorschlag G 30/19 aufzeigt:
Der Antragsteller verlangt von der Bank die Auszahlung von 155,32 Euro von seinem Pfändungsschutzkonto, die diese inzwischen zugunsten eines Pfändungsgläubigers abgebucht hat. Der Antragsteller ist Empfänger von AlG-II-Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit. Er erhält die Zahlungen jeweils zum Monatsende für den folgenden Monat. So erhielt er am 28. Dezember 2018 die Sozialleistungen in Höhe von 419,50 Euro für den Januar 2019. Im Januar sparte er davon 155,32 Euro an. Am 31. Januar 2019 ging die AlG-II-Leistung von 419,50 Euro für Februar ein. Die Bank meint, der Betrag von 155,32 Euro aus dem Januar könne nicht an den Antragsteller ausgezahlt werden; denn ein nicht ausgeschöpfter Freibetrag könne nur in den Folgemonat übertragen werden. Da der Antragsteller im Januar nicht über den Freibetrag aus dem Dezember 2018 disponiert habe, erfolgte eine Sperre und die Auszahlung an einen Pfändungsgläubiger.
Die Beschwerde ist begründet.
Dem Antragsteller steht ein Anspruch auf Wiedergutschrift und auf Auszahlung in Höhe von 155,32 Euro gegen die Bank aus § 675 u Satz 1 und Satz 2 Halbs. 2 BGB zu. Sie muss also das Pfändungsschutzkonto des Antragstellers wieder auf den Stand bringen, auf dem es sich ohne die Belastung durch den nicht von ihm autorisierten Zahlungsvorgang befunden hätte (vergleiche BGH, WM 2017, 2306 Rn. 17). Dieser Anspruch aus § 675 u Satz 2 BGB ist nicht gemäß § 676 c Nr. 2 BGB ausgeschlossen. Zwar gilt diese Vorschrift auch für die Auskehrung eines gepfändeten Guthabens auf einem Pfändungsschutzkonto. Im vorliegenden Fall hat allerdings die Pfändung den an den Gläubiger überwiesenen Betrag gemäß § 850 k Absatz 1 Halbs. 2 ZPO nicht erfasst, sodass die Belastung des Pfändungsschutzkontos auf einen nicht autorisierten Zahlungsvorgang zurückzuführen ist (vergleiche BGH, WM 2017, 2306 Rn. 18). Bei dem an den Gläubiger ausgekehrten Betrag handelte es sich um ein Guthaben, das im Ausgangspunkt aufgrund des § 835 Absatz 4 ZPO erstmals nach Ablauf des auf den Zahlungseingang, den 28. Dezember 2018, folgenden Monat Januar an den Gläubiger geleistet werden durfte und das unter den Voraussetzungen des § 850 k Absatz 1 Satz 3 ZPO in den hierauf folgenden Monat, somit den übernächsten Monat nach dem Zahlungseingang, also Februar, zu übertragen war und in diesem Monat den Pfändungsfreibetrag erhöhte (vergleiche BGH WM 2017, 2303 Rn. 16; BGH, WM 2015, 177 Rn. 6; BGH, WM 2015, 625 Rn. 24; Kreft, Festschrift für Schlick, 2015, 247, 255).
Es geht nicht um eine Sonderzahlung, sondern um eine Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 41 Absatz 1 Satz 4 SGB II für den Folgemonat Januar 2019, die von der Bundesanstalt grundsätzlich am Ende eines Monats für den Folgemonat überwiesen wird. Nach § 850 k Absatz 1 Satz 2 ZPO gehört das nach § 835 Absatz 4 ZPO gesperrte Guthaben zusätzlich zu dem Guthaben nach § 850 k Absatz 1 Satz 1 ZPO, über das der Schuldner in Höhe des Freibetrags in diesem Monat verfügen darf. Wenn der Schuldner über ein solches zusätzliches Guthaben im Kalendermonat nicht verfügt und somit den Pfändungsschutzbetrag nicht ausschöpft, darf es in den übernächsten Monat nach dem Zahlungseingang übertragen werden (BGH, WM 2015, 177 Rn. 9 ff.). Nach dieser zuletzt wieder bestätigten Rechtsprechung (vergleiche BGH, WM 2017, 2303 Rn. 16) unterliegen solche Zahlungseingänge des § 835 Absatz 4 ZPO auch im übernächsten Monat nach dem Eingangsmonat dem Schutz des Pfändungsschutzkontos und werden mithin von einer Pfändung nicht erfasst.
Die Auszahlungssperre des § 835 Absatz 4 ZPO ist auch dann anzuwenden, wenn der Schuldner im Eingangsmonat noch nicht in Höhe des Freibetrags über das Guthaben verfügt hat. Dazu hat die Bank nichts vorgetragen. Gegen eine abweichende, einschränkende Auslegung spricht, dass der Wortlaut des § 835 Absatz 4 ZPO nicht zwischen einem pfändungsfreien und einem pfändbaren Guthaben am Monatsende unterscheidet. Es fehlt auch an einem plausiblen Grund, dass ein nicht pfändbares Guthaben nur in den Folgemonat, aber ein im Eingangsmonat an sich pfändbares Guthaben noch in den übernächsten Monat übertragen werden kann. Die als Sonderreglung (lex specialis) konzipierte Vorschrift des § 835 Absatz 4 ZPO bezweckt nach Ansicht des BGH (WM 2015, 177 Rn. 11), dass die für den Folgemonat gedachte Zahlung so behandelt wird, als sei sie in diesem Monat eingegangen, was eine Unterscheidung nach der Pfändungssituation im Einzahlungsmonat ausschließt. Ein Guthaben, das aus Gutschriften im Vormonat herrührt, soll einem Guthaben aus Gutschriften im laufenden Monat gleichstehen. Der Schuldner soll also aus der Auszahlung im Vormonat keinen Nachteil erleiden, sodass auch bezüglich der Möglichkeit, Guthaben pfändungsfrei in den nachfolgenden Monat zu übertragen, kein Unterschied besteht (so BGH, WM 2015, 177 Rn. 12, 13). Folglich ist der angesparte Betrag von 155,32 Euro an den Antragsteller auszuzahlen.
Oft entstehen Bankprobleme mit dem Versterben des Kunden. In einigen Fällen verlangten die Beschwerdeführer Auskünfte zu Kontobewegungen aus Anlass der eingetretenen Erbfolge, insbesondere dann, wenn sich die Erbengemeinschaft selbst bei der Erbauseinandersetzung zerstritten hat. Gehört ein Auskunftsanspruch zum Nachlass, so kann die zur Auskunft verpflichtete Bank nur an alle Erben gemeinschaftlich leisten und jeder Miterbe nur die Leistung an alle Erben fordern. Denn nur die Erbengemeinschaft als solche ist Rechtsnachfolger geworden, nicht aber der einzelne Miterbe. Die Erbengemeinschaft, nicht der einzelne Miterbe, verwaltet den Nachlass; gegenseitige Stellvertretung ist selbstverständlich möglich, aber in der Praxis nur dann tauglich, wenn sich die Miterben gegenseitig vertrauen und bevollmächtigen.
Eine Kontovollmacht, die der Erblasser zu Lebzeiten erteilt hat, kann demgegenüber von jedem Miterben ohne Mitwirkung der übrigen Miterben widerrufen werden, wie der Schlichtungsvorschlag R 31/19 aufzeigt:
Die Antragstellerin ist eine von vier Miterbinnen ihrer am 25. Dezember 2017 verstorbenen Mutter Frida M., die mit der Bank in Geschäftsbeziehung stand. Herr Peter H., der nicht zu den Miterben gehört, hatte eine über den Tod hinausreichende Vorsorge- und Generalvollmacht. Diese Vollmacht hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 26. Juli 2018 ohne die Mitwirkung anderer Miterben gegenüber dem Bevollmächtigten widerrufen und die Bank mit Schreiben vom 11. Juli 2018 zur Löschung vorhandener Vollmachten aufgefordert. Die Bank hat in der Folgezeit weitere Verfügungen des Bevollmächtigten zugelassen.
Dies beanstandet die Antragstellerin, die mit den Miterbinnen nicht zu einem gemeinsamen Vorgehen findet und im Schlichtungsverfahren im eigenen Namen handelt. Sie berichtet über ihre Versuche, diverse Auskünfte von der Bank zu erhalten und das Schicksal mehrerer (Spar-) Konten aufzuklären. Sie beanstandet das Vorgehen der Bank im Zusammenhang mit dem Aufgebotsverfahren für ein Sparbuch und der Auflösung eines Bausparvertrags.
Die Bank räumt ein, dass der von der Antragstellerin erklärte Vollmachtswiderruf entgegen internen Anweisungen zeitweilig nicht beachtet wurde. Hierdurch seien der Antragstellerin jedoch keine Nachteile entstanden.
Der Schlichtungsantrag führt zu der Feststellung, dass die Bank vertragswidrig handelte, soweit sie den von der Antragstellerin erklärten Vollmachtswiderruf nicht beachtete und mit Wirkung für den Nachlass weitere Verfügungen des Herrn H. zuließ. Konkrete weitere Ansprüche der Antragstellerin lassen sich im Verhältnis der Beteiligten dieses Schlichtungsverfahrens nicht bejahen.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
1.
Dem Grunde nach ist der Schlichtungsantrag gerechtfertigt, soweit die Bank über den von der Antragstellerin erklärten Vollmachtswiderruf hinaus Verfügungen des Herrn H. zuließ. Dadurch kann die Bank sich gegenüber der Antragstellerin und dem Nachlass auch schadensersatzpflichtig gemacht haben (§ 280 BGB).
Die Vorsorge- und Generalvollmacht ist von der Antragstellerin wirksam widerrufen worden.
a) Im rechtlichen Ansatz sind mit dem Tod der Erblasserin die aus der Geschäftsverbindung mit der Bank herrührenden Ansprüche auf die Erben übergegangen (§ 1922 BGB). Die Erben sind im Wege der sogenannten Gesamtrechtsnachfolge in die bankvertragliche Position der Erblasserin nachgerückt, und zwar in Gestalt einer Erbengemeinschaft (§§ 2038 ff. BGB).
b) Die Vertretung der Erben folgt im Falle einer hier unstreitig vorliegenden Vollmacht über den Tod hinaus durch den Bevollmächtigten. Insoweit gelten die allgemeinen Regeln des Vertretungsrechts (§§ 164 ff. BGB). Allerdings kann jeder Miterbe als Vertretener mit den Rechtswirkungen aus § 171 Absatz 2 BGB für seine Person den Widerruf der Vollmacht erklären (BGH, NJW 1969, 1245; KG DNotZ 1937, 813; M. Schmidt in: Erman, BGB, 15. Auflage 2017, Vorbemerkung vor § 2197, Rn. 10; Palandt/ Weidlich, BGB, vor § 2197 Rn. 13; Heilmann in: Herberger/Martinek/Rüßmann/ Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, § 2197 BGB, Rn. 22; Staudinger/Reimann, BGB § 2197 Rn. 73).
c) Auf die Mitteilung vom Vollmachtswiderruf hätte die Bank es nicht mehr zulassen dürfen, dass der Vertreter weiterhin mit Wirkung für den Nachlass Verfügungen traf. Gehören Ansprüche zum Nachlass, so kann die insoweit verpflichtete Bank gemäß § 2039 BGB nur an alle Erben gemeinschaftlich leisten und jeder Miterbe nur die Leistung an alle Erben fordern. Dasselbe gilt für die den Nachlass betreffende Konten- und Vermögensverwaltung, also auch für Verfügungen über vorhandene Verträge und Guthaben. Nach § 2038 Absatz 1 BGB steht die Verwaltung des Nachlasses den Erben gemeinschaftlich zu und jeder Miterbe ist den anderen gegenüber zur Mitwirkung an Handlungen verpflichtet, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses er forderlich sind. Die Erben können gemäß § 2040 Absatz 1 BGB über einen Nachlassgegenstand nur gemeinschaftlich verfügen.
Da die Antragstellerin aufgrund ihres Widerrufs nicht mehr wirksam vertreten war, aber die vorgenannten Mitwirkungsrechte hatte, verstieß die Zulassung weiteren Vertreterhandelns gegen ihre Rechte als Miterbin und als Kundin der Bank, die sie als Mitglied der Erbengemeinschaft war.
d) Bis zum Vollmachtswiderruf konnte der Bevollmächtigte allerdings mit unmittelbarer Wirkung für die Erbengemeinschaft handeln (§ 164 Absatz 1 BGB). Der Widerruf der Vollmacht entfaltete keine Rückwirkung für die Vergangenheit. Gemäß § 171 Absatz 2 BGB blieb die Vertretungsmacht bis zur Mitteilung des Widerrufs gegenüber der Bank bestehen. Da der Widerruf erst einige Monate nach dem Tod der Mutter erfolgte, muss sich die Antragstellerin das zwischenzeitliche Vertreterhandeln zurechnen lassen. Zwischen den beiden Stadien vorhandener Vollmacht und der Zeit nach Widerruf differenziert die Antragsbegründung allerdings nicht, jedenfalls nicht im Sinne einer geordneten Chronologie, die es ermöglichen könnte, speziell für die Person der Antragstellerin konkrete Rechts- oder Vermögensnachteile festzustellen, die vom Nachlass gesondert zu beurteilen sein könnten.
2.
Hinsichtlich aller den Nachlass betreffenden Ansprüche beschreitet die Antragstellerin in dem durchaus verständlichen Ärger einen weitgehend untauglichen Weg, weil sie den Grundsatz gemeinschaftlicher Nachlassverwaltung nicht hinreichend berücksichtigt. Im Verhältnis zur Bank können die auf der Ebene der Erbengemeinschaft gelagerten Unstimmigkeiten nicht geklärt werden.
a) Was die begehrten Auskünfte angeht, sollte die Antragstellerin sich nicht in unergiebigen Auseinandersetzungen mit der Bank verlieren. Gehören Auskunftsansprüche zum Nachlass, was hier ohne Weiteres der Fall ist, so kann die zur Auskunft verpflichtete Bank gemäß § 2039 BGB auch insoweit gemäß § 2039 Seite 1 BGB nur an alle Erben gemeinschaftlich leisten und jeder Miterbe nur die Leistung an alle Erben fordern, denn die bezeichnete Vorschrift erfasst auch Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung (W. Bayer in: Erman, BGB, Kommentar, § 2039 BGB Rz. 4; Schütte in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Auflage 2014, § 2039 BGB Rz. 4; Staudinger/Löhnig, 2016 BGB § 2039). Daher müssen entweder alle Miterben gemeinsam Auskunft verlangen oder die Antragstellerin muss die Auskunftserteilung zugunsten der gesamten Erbengemeinschaft geltend machen.
Dass das Verlangen der Antragstellerin in diesem Sinne als Auskunftsanspruch zugunsten der Erbengemeinschaft auslegbar wäre, kann hier aber gerade nicht angenommen werden, weil die Antragstellerin nachdrücklich im eigenen Namen handelt und auf keiner Handlungsebene zu einem gemeinsamen Vorgehen mit den Miterbinnen gelangt. Im hier gegebenen Zusammenhang verbietet sich die Annahme, dass die Gemeinschaft als solche überhaupt irgendwelche Auskunftsansprüche verfolgen will und insoweit auch bereit wäre, sich beziehungsweise den Nachlass mit Entgeltleistungen an die Bank zu belasten. Bislang konnte keine Entscheidung darüber getroffen werden, in welcher Weise Auskunft erteilt werden soll und wer das hierfür anfallende Entgelt begleicht. Die Bank muss jedoch Auskünfte, die in die Vergangenheit reichen, nicht kostenfrei erteilen. Der Grundsatz unentgeltlicher Unterrichtung gilt dann nicht, wenn die Bank die geschuldeten Informationen bereits erteilt hat und eine erneute Unterrichtung verlangt wird (§ 675 d Absatz 4 BGB). Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Erblasserin beziehungsweise ihr Bevollmächtigter die laufenden Kontoauszüge und Mitteilungen bereits erhalten hat. Danach handelt es sich vorliegend um erneute Auskunftserteilungen seitens der Bank, die zulässig von einem Entgelt abhängig gemacht werden kann.
b) Alle weiteren Verfügungen über den Nachlass unterstehen ebenso wie die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber der Bank den gemeinschaftlichen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnissen der Erbengemeinschaft als solcher. Es macht daher keinen Sinn, wenn die Antragstellerin alleine gegenüber der Bank insistiert und Rechtsnachteile geltend macht, soweit es um die Vorabauszahlung an die Erben, das aufgebotene Sparbuch, die Auflösung eines Bausparvertrags und die etwaige Durchsetzung von Forderungen aus weiteren Konten geht. Alle insoweit denkbaren Ansprüche betreffen den Nachlass beziehungsweise die Verantwortlichkeit der Miterbinnen, soweit diese ohne die Zustimmung der Antragstellerin Verfügungen trafen. Soweit ein gemeinschaftliches Handeln der Erbengemeinschaft und eine einvernehmliche Erbauseinandersetzung nicht erzielbar sind, müsste die Antragstellerin die Miterbinnen notfalls gerichtlich auf Mitwirkung an einer bestimmten Rechtsverfolgung beziehungsweise auf die erstrebte Auseinandersetzung in Anspruch nehmen. Ob das in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht einen Sinn machen würde, sollte die Antragstellerin gründlich bedenken.
Oft verlangten die Antragsteller Erstattung der für die Ausstellung eines Erbscheins durch das Nachlassgericht berechneten Kosten. Dabei musste der Streitschlichter zu der Rechtsfrage Stellung nehmen, ob eine Bank gegen ihre Leistungstreuepflicht verstößt, wenn sie für Zwecke der Erbringung des Nachweises der Rechtsnachfolge vom Erben oder von der Erbengemeinschaft die Vorlage eines Erbscheins verlangt, wie der Schlichtungsvorschlag H 20/19 aufzeigt:
Die Antragstellerinnen verlangen von der Bank als Schadenersatz die Erstattung der Kosten für einen Erbschein in Höhe von 498 Euro und den Ersatz von Anwaltskosten. Die Bank hatte von ihnen nach dem Tode ihrer Mutter, die Bankkundin und Mitglied der Genossenschaftsbank war, zum Nachweis ihres Erbrechts einen Erbschein verlangt. Ohne Erbschein verweigerte sie ihnen den Zugriff auf ein Girokonto, ein Termineinlagekonto und das Konto über das genossenschaftliche Geschäftsguthaben. Die Antragstellerinnen meinen, die Bank sei nicht berechtigt gewesen, einen Erbschein zu verlangen, und berufen sich vor allem darauf, die Erblasserin habe ihnen eine über ihren Tod hinaus gültige (transmortale) Vollmacht für alle Konten erteilt. Dazu legen sie die Kopie einer entsprechenden, undatierten Vollmacht vor.
Die Bank wendet ein, eine von der Erblasserin erteilte Vollmacht beziehe sich nur auf ein Girokonto. Die undatierte Kundenvollmacht sei von der Erblasserin in eine Kontovollmacht für einen Rendite-Sparvertrag geändert worden. Die Antragstellerinnen vermuten, die ursprüngliche umfassende Kontovollmacht sei im Text nachträglich auf eine Einzelkontovollmacht eigenmächtig geändert worden.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Den Antragstellerinnen steht kein Schadensersatzanspruch aus § 280 Absatz 1 BGB auf Erstattung der Gerichtskosten für den Erbschein zu. Sie sind nach §§ 1922 Absatz 1, 2032 BGB als gesamthänderische Erbengemeinschaft in die Rechtsverhältnisse der Erblasserin zur Bank nachgefolgt. Die Bank verstieß nicht gegen eine vertragliche Leistungstreuepflicht (§ 241 Absatz 2 BGB), als sie zum Nachweis der Erbenstellung der Antragstellerinnen einen Erbschein verlangte. Zwar ist ein Erbe grundsätzlich nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen, sondern er kann diesen Nachweis auch in anderer Form erbringen, z.B. durch ein öffentliches Testament (§ 2232 BGB) oder ein eigenhändiges Testament (§ 2247 BGB; BGH, WM 2016, 868 Rn. 18 = NJW 2016, 2409). Bei gesetzlicher Erbfolge gehören dazu auch Urkunden, aus denen sich die gesetzliche Erbfolge ergibt (BGH, WM 2016, 868 Rn. 18 = NJW 2016, 2409). Dieser Hinweis des BGH (a.a.O.) betrifft aber nur Fälle, in denen fraglich ist, welche Person als gesetzlicher Erbe in Betracht kommt, nicht aber solche Fälle, in denen ungewiss ist, ob die Erbfolge durch eine Verfügung von Todes wegen geregelt ist. Der BGH (a.a.O.) verneint im Übrigen ein schutzwürdiges Interesse der Bank an einem Erbschein nur „in klaren Erbfällen“ (BGH, WM 2016, 868 Rn. 20 = NJW 2016, 2409). Deshalb ist bei behaupteter gesetzlicher Erbfolge ein Erbscheinsverlangen der Bank in der Regel gerechtfertigt (Palandt/Weidlich, BGB, 78. Aufl. 2019, § 2353 Rn. 70).
Ein Erbschein war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Erblasserin den Antragstellerinnen für ihre Konten eine transmortale Vollmacht erteilt hatte. Zwar würde eine solche Vollmacht die Antragstellerinnen nach Nummer 2 der formularmäßigen Vollmachtsurkunde auch zu der offenbar erwünschten Auflösung der betroffenen Konten berechtigen. Es kann hier aber dahinstehen, welche Reichweite die umstrittene undatierte Kontovollmacht der Erblasserin hatte und ob es Anhaltspunkte für den schwerwiegenden Vorwurf einer Urkundenverfälschung dahin gibt, dass die ursprüngliche Vollmacht für alle Konten eigenmächtig in eine Einzelkontovollmacht geändert worden sei. Jedenfalls würde eine Vollmacht für alle Konten die Antragstellerinnen nicht dazu berechtigen, auch auf das Konto über das Geschäftsguthaben aus der genossenschaftlichen Mitgliedschaft der Erblasserin zuzugreifen. Bei diesem Konto handelt es sich nämlich nicht um ein Bankkonto im herkömmlichen Sinne, auf dem Forderungen und Verbindlichkeiten des einen oder anderen Beteiligten aus bestimmten Bankgeschäften (z.B. aus einem Zahlungsdiensterahmenvertrag) gebucht werden. Man muss sich vergegenwärtigen, dass beim sogenannten Mitgliedergeschäft einer genossenschaftlichen Bank mit Rücksicht auf den Förderzweck (§ 1 Absatz 1 GenG) eine Identität von Mitglied und Kunde besteht. Er ist einmal korporationsrechtliches Mitglied der Genossenschaft und zum anderen – bei einer Kreditgenossenschaft – schuldvertraglicher Partner einer bankgeschäftlichen Geschäftsverbindung mit ihr. Eine vom Kontoinhaber erteilte Kontovollmacht beschränkt sich auf Konten aus dieser Geschäftsverbindung.
Zum Verständnis des Kontos über das Geschäftsguthaben ist zu berücksichtigen, dass bei einer eingetragenen Genossenschaft der Geschäftsanteil der in der Satzung festgelegte Betrag ist, bis zu welchem der einzelne Genosse sich mit einer Einlage an der Genossenschaft beteiligen kann (§ 7 Nr. 1 Halbs. 1 GenG). Davon ist sein Geschäftsguthaben zu unterscheiden als der Betrag, mit dem der Genosse zu einem bestimmten Zeitpunkt tatsächlich an der Genossenschaft beteiligt ist. Er besteht aus der Summe der auf den Geschäftsanteil des Genossen erbrachten Einzahlungen und zugeschriebenen Gewinne abzüglich etwaiger Verluste. Diese Vorgänge werden auf dem fraglichen Konto buchungsmäßig festgehalten. Die Höhe des Geschäftsguthabens bestimmten den Gewinn- und Verlustanteil des Genossen (§ 19 Absatz 1 S. 3 GenG). Über das Geschäftsguthaben kann der Genosse nicht disponieren, es darf vor seinem Ausscheiden nicht an ihn ausgezahlt werden (§ 22 Absatz 4 GenG). Da also eine transmortale Kontovollmacht sich (nur) auf die bankmäßige Geschäftsverbindung des Genossen als Kunde bezieht und keine Dispositionsmöglichkeit des Bevollmächtigten über das Konto mit dem genossenschaftlichen Geschäftsguthaben ermöglicht, handelte die Bank mit dem Verlangen eines Erbscheins als Nachweis für die Rechtsnachfolge der Antragstellerinnen bei in Betracht kommender gesetzlicher Erbfolge nicht pflichtwidrig. Nur so konnte sie verlässlich festlegen, wer nach dem Tod ihres Genossenschaftsmitglieds dessen Rechtsnachfolger in der vererblichen Mitgliedschaft geworden ist. In § 7 der (üblichen) Satzung von Volksbanken ist festgehalten, dass ein Mitglied mit seinem Tod aus der Genossenschaft ausscheidet und die Mitgliedschaft auf den Erben übergeht.
c) Basiskonto/Girokonto für jedermann
Mit dem Zahlungskontengesetz (ZKG) wurde die Richtlinie über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten sowie den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen vom 23. Juli 2014 in deutsches Recht umgesetzt. Das Zahlungskontengesetz begründet einen materiellen Anspruch eines Verbrauchers auf Abschluss eines Basiskontovertrags gemäß § 31 ZKG. Dieser Anspruch verdrängt in seinem zeitlichen und sachlichen Anwendungsbereich die Empfehlung der Deutschen Kreditwirtschaft zum Girokonto für jedermann. Das Begehren einer Einrichtung eines Kontos ist seit der Geltung des § 31 ZKG (seit 18. Juni 2016) im Zweifel als Geltendmachung eines Anspruchs auf Abschluss eines Basiskontovertrags zu verstehen, wenn sich aus dem Antrag auf Streitbeilegung nichts Gegenteiliges ergibt. Das Recht auf Abschluss eines Basiskontovertrags ist durch die in den §§ 34 bis 37 ZKG geregelten Ablehnungsgründe eingeschränkt.
Im Berichtszeitraum ist mit einem Antrag auf Streitbeilegung die interessante Rechtsfrage aufgeworfen worden, ob ein Anspruch auf Abschluss eines Vertrags über die Eröffnung eines Basiskontos auch dann gemäß § 35 Absatz 1 ZKG ausgeschlossen ist, wenn der Antragsteller ein weiteres zahlungsverkehrstaugliches Konto bei einer anderen Bank unterhält, das nach seinen Angaben allerdings der betrieblichen Vermögenssphäre zuzuordnen ist. Der Streitschlichter hat den Anspruch nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ausgeschlossen, wie der Schlichtungsvorschlag V 10/19 aufzeigt:
Zwischen den Parteien war bereits unter dem Aktenzeichen V 6/19 ein Schlichtungsverfahren anhängig. Gegenstand dieses Verfahrens war die von der Antragsgegnerin erklärte Kündigung unter anderem des Girokontos des Antragstellers.
Der Antragsteller hat nunmehr am 12. September 2019 bei der Antragsgegnerin die Eröffnung eines Basiskontos beantragt. Diesen Antrag hat die Antragsgegnerin am 13. September 2019 abgelehnt, mit der Begründung, dass der Antragsteller bereits bei der Commerzbank über ein Zahlungskonto verfüge. Dies bestreitet der Antragsteller nicht. Er gibt jedoch an, dass das bei der Commerzbank geführte Konto lediglich für geschäftliche Zwecke – der Antragsteller betreibt ersichtlich (auch) eine selbstständige Erwerbstätigkeit – genutzt werde.
Demgegenüber verweist die Antragsgegnerin darauf, dass auf dem bei ihr geführten Konto keine Abbuchungen für den privaten Lebensunterhalt zu verzeichnen seien. Auch Barverfügungen hätten nicht stattgefunden. Der Antragsteller müsse deshalb über ein weiteres Konto verfügen, über das er den privaten Zahlungsverkehr abwickle. Hierzu trägt der Antragsteller vor, dass er von seinen Eltern finanziell und materiell unterstützt werde.
Der Schlichtungsantrag ist nicht begründet.
Die Antragsgegnerin hat den Abschluss eines Basiskontovertrags zu Recht gemäß § 35 Absatz 1 ZKG verweigert, weil der Antragsteller bereits Inhaber eines Zahlungskontos bei der Commerzbank ist, über das er die in § 38 Absatz 2 ZKG genannten Dienste tatsächlich nutzen kann.
Unstrittig ist, dass der Antragsteller über ein weiteres Zahlungskonto bei der Commerzbank verfügt. Seinen eigenen Angaben zufolge nutzt er dieses Konto aber – von einer Ausnahme abgesehen – ausschließlich für geschäftliche Zwecke. Diese vom Antragsteller selbst vorgenommene Widmung des Kontos als Geschäftskonto steht der Annahme des Vorhandenseins eines nutzbaren Verkehrskontos im Sinne des § 35 Absatz 1 ZKG nicht entgegen. Der Gesetzgeber unterscheidet im Rahmen der §§ 35 Absatz 1, 38 Absatz 2 ZKG nicht zwischen privat genutzten und geschäftlich genutzten Konten. Entscheidend ist allein, ob ein nutzbares anderweitiges Zahlungskonto vorhanden ist oder nicht. Dies ergibt sich aus dem klaren und einer Auslegung oder Einschränkung nicht zugänglichen Wortlaut des Gesetzes, aber auch aus dem mit dem ZKG verfolgten Zweck. Mit dem ZKG wurde die Richtlinie 2014/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 in deutsches Recht umgesetzt. Erklärtes Ziel der Richtlinie war es, Bürgerinnen und Bürgern, die über kein Konto verfügen, den Zugang zum Binnenmarkt zu ermöglichen (Amtliche Begründung, Bundestagsdrucksache 18/7204, Seite 44). Für den Gesetzgeber war und ist deshalb lediglich ausschlaggebend, ob es sich bei dem anderweitig vorhandenen Konto um ein „aktives“ Konto handelt oder nicht. Nur dann, wenn ein vorhandenes Konto nicht aktiv nutzbar ist, besteht ein Anspruch auf ein Basiskonto. Über ein solches „aktives“ Konto verfügt der Antragsteller. Dass er dieses Konto lediglich für geschäftliche Zwecke nutzen will, ist somit unerheblich. Im Übrigen hat der Antragsteller diese angebliche Nutzung selbst konterkariert, werden auf diesem Konto doch tatsächlich private Einnahmen, nämlich Zuwendungen seiner Eltern, die wohl aus einer weiteren beruflichen Tätigkeit resultieren, verbucht. Weshalb auf diesem Konto nur diese privaten Zahlungsgeschäfte, nicht aber auch andere private Zahlungsgeschäfte abgewickelt werden können, erschließt sich nicht.
Angesichts dieser Rechtslage kommt ein für den Antragsteller günstiger Schlichtungsvorschlag nicht in Betracht. Auch damit sollte der Antragsteller sich abfinden.
Der Streitschlichter hatte sich im Berichtszeitraum mitunter mit der Frage zu befassen, ob ein bestimmtes Entgelt für die Verwaltung eines Basiskontos „angemessen“ im Sinne des § 41 Absatz 2 ZKG ist, ob also das vereinbarte Entgelt den gesetzlich normierten Voraussetzungen an die Angemessenheitsprüfung standhält. In dem folgenden Schlichtungsvorschlag H 22/19 hat der Ombudsmann die Angemessenheit bejaht:
Der Antragsteller moniert mit seinem Schlichtungsantrag die Höhe der ihm berechneten Entgelte für ein Basiskonto. Er verlangt deren Erstattung, soweit sie über die „normale“ Kontoführungsgebühr von 3,95 beziehungsweise 4,95 Euro hinausgehen.
Den Einwendungen des Antragstellers gegen das von der Antragsgegnerin berechnete Entgelt vermag ich mich nicht anzuschließen.
1.
Die vom Antragsteller behauptete „einschlägige Rechtsprechung“, wonach ein Basiskonto nicht teurer sein dürfe als ein vergleichbares Kontomodell, gibt es nicht. Eine solche Rechtsprechung gibt es für das Pfändungsschutzkonto (vergleiche statt vieler BGH, Urteil vom 13. November 2012 – XI ZR 500/11). Für das Basiskonto hat lediglich das OLG Schleswig-Holstein in einem sogenannten „obiter dictum“, also in Ausführungen in einem Urteil, auf die es für die Entscheidung nicht ankam, angedeutet, dass es auf die Vergleichbarkeit mit anderen Kontomodellen des gleichen Instituts ankommen könnte. Von einer „einschlägigen Rechtsprechung“ kann deshalb nicht die Rede sein.
2.
Auch das Gesetz schreibt nicht vor, dass ein Basiskonto nicht mehr kosten dürfe als ein vergleichbares Konto. § 41 Absatz 2 Satz 1 des Gesetzes über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten sowie den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen – Zahlungskontengesetz (ZKG) ordnet lediglich an, dass das Entgelt für ein Basiskonto „angemessen“ sein muss. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind für die Beurteilung der Angemessenheit insbesondere die marktüblichen Entgelte sowie das Nutzerverhalten zu berücksichtigen. Als angemessen „erscheint ein Entgelt, das im Durchschnitt die Kosten der Institute deckt und ihnen einen angemessenen Gewinn sichert“ (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 18/7204, Seite 86). Diese Aussage in der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung spricht deutlich dafür, dass Bezugspunkt für die Angemessenheit ein objektiver Maßstab ist und nicht etwa das Entgeltniveau des betroffenen Instituts. Jedoch kann dies letztlich auf sich beruhen. Selbst wenn man die Vorgabe des Antragstellers zugrunde legt, liegt kein Verstoß gegen die „einschlägige Rechtsprechung“ vor: Die Entgeltsätze für das Basiskonto entsprechen akkurat denen für das von der Antragsgegnerin ebenfalls angebotene Kontomodell VR-Individual.
3.
Die Entgeltregelung der Antragsgegnerin für das Basiskonto genügt aber auch den Anforderungen des Gesetzes. Sie sieht einen relativ geringen Grundpreis von 3,90 Euro pro Monat vor. Dieser Betrag ist mit der Entgeltregelung anderer Institute vergleichbar und somit durchaus marktüblich. Dem Nutzerverhalten trägt die Entgeltregelung dadurch Rechnung, dass sie davon ausgeht, dass Inhaber von Basiskonten üblicherweise nur wenige Kontobewegungen ausführen. Dies scheint beim Antragsteller ausnahmsweise anders zu sein. Dies führt aber nicht dazu, dass die Entgeltregelung deswegen grundsätzlich als unangemessen zu bezeichnen ist.
4.
Die hier vorliegende Entgeltregelung ist schließlich auch nicht vergleichbar mit denjenigen Entgeltbestimmungen, die von Gerichten als unangemessen bezeichnet worden sind. Der Entscheidung des LG Frankfurt vom 8. Mai 2018 – 28 O 98/17 lag zugrunde, dass die Bank dort für das Basiskonto einen monatlichen Grundpreis von 8,99 Euro sowie für jede beleghafte Buchung zusätzlich ein Entgelt von 1,50 Euro verlangt hatte. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat, ohne dass dies für die Entscheidung maßgeblich war, einen Grundpreis von 8,95 Euro als unangemessen bezeichnet (Urteil vom 8. Mai 2018 – 2 U 6/17). Selbst dieser Betrag wird unter Zugrundelegung des „üblichen Nutzerverhaltens“ bei Inhabern von Basiskonten normalerweise nicht erreicht.
Ich sehe deshalb insgesamt keine Veranlassung, die Entgeltbestimmung der Antragsgegnerin zu beanstanden. Der Antragsteller sollte deshalb den Streit mit der Bank beenden.
d) Anlageberatung
In vielen Fällen hatten Antragsteller – teils auf Empfehlung der Bank, teils auf eigene Initiative – Aktienfondsanteile, Anleihen, Beteiligungen oder Zertifikate erworben und verlangten mit ihrem Antrag auf Streitbeilegung Schadenersatz wegen Verletzung beratungsvertraglicher Aufklärungs- und sonstiger Pflichten, also die Rückgängigmachung des Anlageentschlusses.
In den Anträgen wird der Anspruch auf Schadenersatz insbesondere von Verbrauchern ohne Rechtsbeistand mit den realisierten Anlageverlusten „begründet“. Dabei wird außer Acht gelassen, dass eine Bank bei noch so guter Beratung nicht den Anlageerfolg schuldet, sondern nur eine anlage- und anlegergerechte Beratung im Vorfeld des Anlageentschlusses.
Oft konnte von den Ombudsleuten aufgrund der unterschiedlichen Darstellungen beider Streitparteien hinsichtlich des Beratungsverlaufs mangels Beweiserhebungsmöglichkeit nicht eindeutig festgestellt werden, ob die Beratung der Bank den von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen entsprach. Nach der Rechtsprechung haben sich der Beratungsinhalt und Beratungsumfang stets an den konkreten Umständen des Einzelfalls auszurichten. Die persönlichen Verhältnisse des Kunden und sein Wissen, seine Erfahrungen sowie Wünsche müssen berücksichtigt werden. Ein bereits erfahrener Anleger ist nicht in gleichem Maße aufklärungsbedürftig wie ein gänzlich unerfahrener Anlageinteressent.15 Auf das Anlageobjekt bezogen hat sich die Beratung an der Funktionsweise und allgemeinen wie objektspezifischen Risiken auszurichten, die für die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können.16
Die Antragsteller gehen dabei oft rechtsirrig davon aus, dass eine schlechte und schadenersatzbegründende Beratung schon deshalb vorliege, wenn sich eine Kapitalanlage negativ entwickelt. Diese Ansicht ist allerdings rechtlich nicht haltbar. Schließlich schuldet eine Bank aus einem Beratungsvertrag heraus lediglich eine ordnungsgemäße Sachverhaltsermittlung und eine daran ausgerichtete Beratung des Anlegers. Sie schuldet nicht die von Anlegern regelmäßig gewünschte positive Entwicklung der Kapitalanlage. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (BGH, Urteil vom 14. Juli 2009 – XI ZR 152/08). Ebenso ungerechtfertigt ist der oft erhobene Vorwurf, die Bank habe den Anleger im weiteren Verlauf nicht betreut. Auch eine solche Betreuung schuldet die Bank nicht, es sei denn, eine Vermögensbetreuungspflicht wird ausdrücklich vertraglich vereinbart. Der Anleger ist somit selbst gehalten, die Entwicklung des eigenen Depots zu überwachen und eventuell erforderliche Maßnahmen zu ergreifen. Dies ist nicht Aufgabe der Bank. Wie weit die beratungsvertraglichen Pflichten gehen, zeigt der Schlichtungsvorschlag S 74/19:
Der Antragsteller verlangt mit seinem Schlichtungsantrag Schadensersatz wegen behaupteter fehlerhafter Anlageberatung. Am 10. Dezember 2015 erwarb er auf Empfehlung der Antragsgegnerin und nach einer am 27. November 2015 erfolgten Beratung durch deren Mitarbeiter W. Anteile am Fonds Sauren Absolute Return. Hierfür bezahlte er 100.000,00 Euro. Diese Fondsanteile haben bereits nach einem Jahr einen Wertverlust von mehr als 10 Prozent erzielt und diesen Verlust nicht mehr ausgeglichen. Der Antragsteller meint deshalb, dass die Empfehlung im Widerspruch zu den von ihm genannten Anlagezielen stehe. Dem tritt die Antragsgegnerin entgegen.
Dem Schlichtungsantrag kann ich nicht entsprechen; er ist unbegründet. Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller im Zusammenhang mit dem Erwerb der genannten Fondsanteile nach dem mir vorliegenden Sach- und Streitstand nicht fehlerhaft beraten.
1.
Auszugehen ist davon, dass zwischen den Parteien vorliegend ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist.
Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrags beraten zu werden beziehungsweise zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrags stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (vergleiche BGH, Urteil vom 4. März 1987 – IVa ZR 122/85). Dies ist hier der Fall und zwischen den Parteien auch nicht streitig.
2.
Nach den vom Bundesgerichtshof im sogenannten Bond-Urteil (Urteil vom 6. Juli 1993 – XI ZR 12/93) entwickelten Grundsätzen verpflichtet dies die Bank zur anlegergerechten und objektgerechten Beratung, wobei die konkrete Ausgestaltung der Pflicht von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Zu den dabei zu berücksichtigenden Umständen in der Person des Kunden gehören insbesondere dessen Wissensstand über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft; zu berücksichtigen ist also vor allem, ob es sich bei dem Kunden um einen erfahrenen Anleger mit einschlägigem Fachwissen handelt und welches Anlageziel der Kunde verfolgt. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (BGH, a. a. O.). Während die Aufklärung des Kunden über diese Umstände richtig und vollständig zu sein hat (BGH, Urteil vom 9. Mai 2000 – XI ZR 159/99), muss die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein (BGH, Urteil vom 14. Juli 2009 – XI ZR 152/08).
3.
Diesen Verpflichtungen ist die Antragsgegnerin hier gerecht geworden, sodass für die Annahme einer fehlerhaften Beratung kein Raum ist.
a) Die Antragsgegnerin hat den Wissensstand des Antragstellers über Anlagegeschäfte festgestellt, dessen Risikobereitschaft erfragt und sich ein Bild über die Anlageziele des Antragstellers verschafft. Dies ergibt sich aus dem Protokoll nach WpHG, dessen inhaltliche Richtigkeit der Antragsteller nicht in Zweifel gezogen hat. Aufgrund dieser vom Antragsteller gemachten Angaben ist er als mit Anlagegeschäften unerfahren und als risikoscheu mit einem Anlagehorizont von bis zu acht Jahren eingestuft worden.
b) Das dem Antragsteller empfohlene Anlageprodukt entsprach dieser Einstufung. Dies ergibt sich aus den Produktinformationen für diesen Fonds. Danach ist dieser Fonds für risikoscheue Anleger geeignet; die empfohlene Haltedauer beläuft sich auf fünf Jahre oder mehr. Somit entspricht die Empfehlung den vom Antragsteller gemachten Angaben zu seiner Risikobereitschaft und zu seinen Anlagezielen. Damit steht gleichzeitig fest, dass die Antragsgegnerin Pflichten im Zusammenhang mit der Beratung nicht verletzt hat.
c) Der Antragsteller meint offenbar, dass eine schlechte Beratung schon deshalb vorliege, weil der ausgewählte Fonds sich negativ entwickelt hat. Mit dieser Ansicht liegt er allerdings falsch. Die Bank schuldet eine ordnungsgemäße Sachverhaltsermittlung und eine daran ausgerichtete Beratung des Antragstellers. Sie schuldet aber nicht die gewünschte Entwicklung der Fonds. Der Antragsteller verkennt, dass er sich mittels des Fonds, einem Dachfonds, an anderen Fonds beteiligt hat und die wirtschaftliche Entwicklung „seines“ Fonds deshalb von der Entwicklung dieser anderen Fonds abhängt. Dieses damit verbundene Risiko ist er eingegangen; er kann es nicht im Nachhinein der Antragsgegnerin überbürden. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Kunde und nicht die Bank (BGH, Urteil vom 14. Juli 2009 – XI ZR 152/08).
Eine Klage des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin wegen des dem Schlichtungsantrag zugrunde liegenden Sachverhalts hat deshalb nach meiner sicheren Überzeugung keinerlei Aussicht auf Erfolg. Dies muss der Antragsteller mir nicht glauben. Ich bin aber sicher, dass er dann, wenn er vor Gericht geht, dem schlechten Geld nur noch gutes hinterherwerfen wird. Ich kann dem Antragsteller deshalb nur empfehlen, den Streit mit der Bank zu beenden und auf eine positive Kursentwicklung, die es in der Vergangenheit ja bereits einmal gab, zu hoffen.
e) Zahlungsverkehr
Im Bereich des kartengebundenen Zahlungsverkehrs ging es wie in den Vorjahren überwiegend um die Frage der Haftung für Schäden aufgrund missbräuchlicher Verwendung abhandengekommener Zahlungskarten. Fast regelmäßig werden mit der Originalkarte unter korrekter Eingabe der PIN Abhebungen vom Konto vorgenommen. Signifikant viele Antragsteller, denen die Karte abhandengekommen war, verlangten von der Bank die Wiedergutschrift eines unter Verwendung der PIN verfügten Betrags mit der Begründung, die Transaktion sei nicht von ihnen autorisiert worden.
Der Kontoinhaber hat seine Bankkarte mit besonderer Sorgfalt aufzubewahren, um zu verhindern, dass sie abhandenkommt oder missbräuchlich verwendet wird. Außerdem hat der Karteninhaber dafür Sorge zu tragen, dass keine andere Person Kenntnis von der persönlichen Geheimzahl (PIN) erlangt. Die PIN darf insbesondere nicht auf der Karte vermerkt oder in anderer Weise zusammen mit ihr aufbewahrt werden, um die Gefahr missbräuchlicher Verfügungen abzuwehren.
Der Streitschlichter gab den Antragstellern recht, wenn der von der Rechtsprechung entwickelte Beweis des ersten Anscheins, dass bei missbräuchlicher Verwendung unter Eingabe der zutreffenden PIN-Nummer entweder der Karteninhaber die Abhebungen selbst vorgenommen hat oder ein Dritter nach der Entwendung der Karte von der Geheimnummer nur wegen ihrer Verwahrung gemeinsam mit der Karte Kenntnis erlangen konnte (vergleiche BGH, Urteil vom 29. November 2011 – XI ZR 370/10; BGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 – XI ZR 210/03), vom Antragsteller erfolgreich widerlegt werden konnte. Der von der Rechtsprechung entwickelte Anscheinsbeweis greift aber nur bei typischen Geschehensabläufen, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist, wie der folgende Schlichtungsvorschlag S 49/19 zeigt, dem ein anderer, eher untypischer Geschehensablauf zugrunde lag:
Die Antragstellerin ist Kundin der Bank. Sie wurde am 10. März 2019 in Kapstadt im Zusammenhang mit einer noch zu behandelnden Inszenierung zur Eingabe ihrer PIN in einen Geldautomaten verleitet. Das führte zur Einziehung der Karte und nachfolgend zu acht Verfügungen in Höhe von insgesamt 500,40 Euro, die innerhalb kurzer Zeit durchgeführt wurden. Die Antragstellerin verlangt Wiedergutschrift.
Die Bank macht geltend, nach dem Beweis des ersten Anscheins habe die Antragstellerin durch die Eingabe der PIN sorgfaltswidrig gehandelt. Außerdem sei die Sperrung der Karte zu spät veranlasst worden.
Der Schlichtungsantrag ist begründet.
Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Gutschrift der missbräuchlich veranlassten Kontobelastungen.
Wenn es an einem vom Kunden autorisierten Karteneinsatz fehlt, besteht nach § 676 u Absatz 1 Satz 1 BGB kein Aufwendungsersatzanspruch der Bank (§§ 670, 675 Absatz 1, § 676 f BGB). Die Antragstellerin hat die streitigen Verfügungen nicht autorisiert. Die ihr abgenötigte PIN-Eingabe diente einem Umsatz, der überhaupt nicht getätigt wurde. Die PIN-Eingabe wurde vielmehr manipulativ dafür genutzt, ohne Wissen und Wollen der Antragstellerin Geldabhebungen zu tätigen.
Die Antragstellerin hätte bei dieser Sachlage allerdings dann keinen Anspruch auf eine Wiedergutschrift des ihrem Konto belasteten Betrags, wenn dem ein deckungsgleicher Ersatzanspruch der Bank (§§ 280, 675 v Absatz 3 BGB) gegenüberstünde. Die Antragstellerin würde nur dann selbst für den durch die missbräuchliche Verwendung der Karte entstandenen Schaden haften, wenn dies auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung der ihr obliegenden Pflichten beruhte (§ 675 v Absatz 3 Nr. 2 BGB).
Eine solche Pflichtverletzung liegt hier nicht vor. Zugunsten der Bank kann zwar in den Fällen, in denen unter Verwendung der zutreffenden Prüfnummer Umsätze getätigt wurden, der Beweis des ersten Anscheins dafür sprechen, dass entweder der Karteninhaber die Abhebungen selbst vorgenommen hat oder dass ein Dritter von der Geheimnummer nur deswegen Kenntnis erlangen konnte, weil diese gemeinsam mit der Karte verwahrt wurde (vergleiche BGH, Urteil vom 29. November 2011 – XI ZR 370/10, juris; Urteil vom 5. Oktober 2004 – XI ZR 210/03, juris; Beschluss vom 6. Juli 2010 – XI ZR 224/09, juris). In solchen Fällen scheidet eine Gutschrift zugunsten des Kunden aus.
Dieser Anscheinsbeweis ist jedoch hier schon nach dem unstreitigen Sachverhalt entkräftet. Es liegt ein Alternativgeschehen vor, das gänzlich außerhalb der von der Rechtsprechung zum Anscheinsbeweis entwickelten Grundsätze und der insoweit einschlägigen Sachverhalte liegt. Die Antragstellerin ist offensichtlich Opfer einer dreisten Inszenierung geworden, bei der sie ein falscher Polizist dazu veranlasste, ein Ticket für das Stadion zu kaufen. Nach der Darstellung der Antragstellerin geschah dies im Zusammenwirken mit einer weiteren Person, die wohl die Manipulation des Automaten vornahm.
Dass die Antragstellerin in diesem Zusammenhang sorgfaltswidrig gehandelt hätte, wobei nach § 675 v Absatz 3 Nr. 2 BGB und auch nach den AGB der Bank nur Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit ausreichen (Ziff. 14.1), kann ausgeschlossen werden. Die Antragstellerin wurde in Südafrika in einem ihr nicht vertrauten Umfeld und in einer schwer überschaubaren Situation von einem vermeintlichen Amtsträger bedrängt. Es begründet nicht den Tatbestand grober Fahrlässigkeit, wenn die Antragstellerin in dem gegebenen Zusammenhang von dem erforderlichen Kauf eines Tickets ausging und dem Drängen des vermeintlichen Polizisten nachgab.
Grob fahrlässig hat die Antragstellerin auch nicht bei der Meldung des Missbrauchs gehandelt. Der in den AGB verwendete Begriff der gebotenen Unverzüglichkeit einer Meldung wird in § 121 BGB dahingehend definiert, dass darunter ein Handeln „ohne schuldhaftes Zögern“ zu verstehen ist. Dies umschreibt jedenfalls einen längeren Zeitraum als „sofort“. Der Betreffende hat eine Überlegungsfrist, deren Länge von der vorgegebenen Situation und von der Schwierigkeit der zu treffenden Entscheidung abhängt. Mit dieser Maßgabe hat die Antragstellerin nicht schuldhaft zögerlich gehandelt.
Dass und in welcher Höhe überhaupt missbräuchliche Verfügungen vorgenommen worden waren, lag außerhalb der Kenntnis der Antragstellerin. Der ungewöhnliche Vorfall, der zur Einziehung der Karte führte, legte zwar einen entsprechenden Verdacht nahe und veranlasste eine zeitnahe Kartensperrung. Der insoweit eingetretene Zeitablauf von zwei Stunden beinhaltet jedoch keine grobe Pflichtwidrigkeit. Die Antragstellerin hat anschaulich geschildert, dass sie sich zeitnah an Sicherheitspersonal gewendet hat und von diesem veranlasst wurde, auf die Polizei zu warten. Ihr war es – unwiderlegt – mangels Verbindung nicht möglich, sofort die Sperrnummer anzurufen, weshalb es zu einer gewissen Verzögerung kam. Im gegebenen Zusammenhang kommt hinzu, dass die missbräuchlichen Verfügungen ganz zeitnah im Anschluss an die PIN-Eingabe erfolgten. Dass ein früherer Sperranruf den Schaden in der gegebenen Situation noch verhindert hätte, ist nicht einmal feststellbar. Der Antragstellerin ist es auch nicht vorzuwerfen, dass sie aufgrund des Geschehens schockiert war und nicht gleichsam automatisch sofort das absolut Richtige unternahm. Grobe Fahrlässigkeit ist ihr insgesamt nicht anzulasten. Die Bank sollte wiedergutschreiben.
Oft verlangten die Antragsteller ordnungsgemäß autorisierte Zahlungen wieder rückgängig zu machen – meist weil der Zahlung ein nicht wirksames oder angefochtenes Rechtsgeschäft zugrunde lag. Der Streitschlichter klärte in diesen Fällen darüber auf, dass ein Kontoinhaber (Zahlungsdienstnutzer) einen bei der Bank (Zahlungsdienstleister) eingereichten Zahlungsauftrag nicht mehr widerrufen kann, wie der folgende Schlichtungsvorschlag F 13/19 zeigt:
Der Antragsteller hat nach seiner zunächst unterbreiteten Darstellung am 12. März 2019 um 10:55 Uhr per E-Mail einen Auftrag für eine Auslandsüberweisung in US-Dollar nach China an die Bank übermittelt und diesen Auftrag um („Schlag genau“) 12:00 Uhr per Fax gegenüber der Bank wieder zurückgenommen. Zuletzt hat er vorgetragen, er habe die Transaktion definitiv binnen 30 Minuten fernmündlich storniert.
Die Bank konnte die Überweisung nicht mehr stoppen und hat das Konto des Antragstellers belastet, sodass Überziehungszinsen angefallen sind. Der Antragsteller akzeptiert dies nicht und vermisst eine genaue Dokumentation der Abläufe. Er verlangt zumindest in hälftigem Umfang die Wiedergutschrift der Kontobelastung und der angefallenen Zinsen. Die Bank tritt dem entgegen und macht geltend, dass ihr ein rechtzeitiger Rückruf der Überweisung nicht möglich gewesen sei und dass der Empfänger sich geweigert habe, den Überweisungsbetrag zurückzuzahlen.
Den Schlichtungsantrag kann ich nicht befürworten.
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Erstattung beziehungsweise auf Wiedergutschrift des Überweisungsbetrags und der angefallenen Zinsen. Der Antragsteller hat der Bank einen von ihm autorisierten Überweisungsauftrag übermittelt und damit eine verbindliche Weisung im Giroverhältnis (§§ 675, 665 BGB) erteilt. Im Zuge der Ausführung dieses Auftrags hatte die Bank einen Aufwendungsersatz gegen den Antragsteller (vergleiche Bankrechts-Handbuch/Nobbe § 60 Rz. 100, Rz. I/18). „Autorisieren“ bedeutet nach allgemeinem Sprachgebrauch und auch in rechtlicher Hinsicht, dass zu etwas eine Genehmigung beziehungsweise ein bewusster und gezielter Auftrag erteilt wird. Das ist hier erfolgt.
Der Antragsteller konnte die Überweisung auch nicht einfach zurückrufen. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass die gesetzlichen Vorgaben den Erfordernissen des automatisierten Zahlungsverkehrs auf besondere Weise Rechnung tragen. Hierzu gilt die Regelung des § 675 p Absatz 1 BGB, wonach der Kunde einen autorisierten Zahlungsauftrag nach Zugang bei seiner Bank nicht mehr widerrufen kann. Gemäß § 675 p Absatz 4 BGB gilt dies zwar nur vorbehaltlich einer abweichenden (im Vorhinein zu treffenden) Vereinbarung, für die hier jedoch weder etwas dargetan noch sonst ersichtlich ist.
Die Unwiderruflichkeit findet ihren Grund darin, dass Zahlungsaufträge wegen der zunehmenden Automatisierung des Zahlungsverkehrs und der deutlich verkürzten Ausführungsfristen ab einem sehr frühen Zeitpunkt nicht mehr oder nur mit kostspieligen manuellen Eingriffen angehalten werden können (vergleiche dazu die Gesetzesmaterialien: BT-Drucks. 16/11643, Seite 109; vergleiche ferner Mayen, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Auflage, § 49 Rdn. 23). Die gesetzliche Verkürzung der Ausführungsfristen und die damit einhergehende Vorverlagerung des Zeitpunkts der Unwiderruflichkeit des Zahlungsauftrags können nicht dadurch unterlaufen werden, entgegen dem Gesetzeszweck eine Pflicht der Bank anzunehmen, einen nicht mehr widerruflichen Zahlungsauftrag in eigener Haftung rückgängig zu machen.
Soweit die Bank das gleichwohl – wenn auch vergeblich – versucht hat, ergibt sich daraus keine Einstandspflicht der Bank. Ein haftungsbegründender Fehler ist nicht feststellbar. Der Antragsteller, der von der Bank eine minutiöse Dokumentation der Abläufe verlangt, hat es seinerseits mit der Schilderung der Geschehnisse nicht so genau genommen, sondern wechselnde Abläufe und Zeitangaben unterbreitet. Darauf kommt es indessen nicht einmal entscheidend an, denn selbst wenn – wie der Antragsteller zuletzt geltend gemacht hat – nur 30 Minuten bis zum Widerruf der Überweisung vergangen sein sollten, reichte ein solcher Zeitraum unschwer aus, um die Überweisung auf den Weg zu bringen. Besondere Dokumentationspflichten hatte die Bank insoweit nicht zu beachten, und zwar auch nicht in Bezug auf die telefonischen Nachfragen des Antragstellers zu seiner Stornierung. Bei der gegebenen Sachlage sollte der Antragsteller akzeptieren, dass sein eigener Auftrag für den eingetretenen Erfolg verantwortlich gewesen ist.
f) Sparverkehr
Der Streitschlichter hatte sich im Berichtszeitraum öfter mit der Rechtsfrage auseinandergesetzt, ob ein langfristiger Sparvertrag, der ein langjähriges Zinsund Bonuszinsversprechen mit über die Laufzeit des Vertrags ansteigenden Bonuszinsen enthält, einseitig von der Bank gekündigt werden kann oder aber wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (Niedrigzinsphase) seitens der Bank eine Vertragsänderung im Sinne einer Zinsreduktion oder Laufzeitverkürzung durchgesetzt werden kann. Der Streitschlichter hat in diesen Fällen die unveränderte Fortführung des Sparvertrags empfohlen, weil sich durch die veränderten Marktbedingungen lediglich ein unternehmerisches Risiko realisiert habe, das inhärenter Bestandteil des Sparvertrags sei, wie der folgende Schlichtungsvorschlag H 24/19 zeigt:
Die Antragstellerin hat am 28. Juni 2010 mit der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin den Abschluss eines VR-Sparplans vereinbart. Der Vertrag sieht eine feste Grundverzinsung sowie eine zeitlich gestaffelte Bonusverzinsung vor, wobei der höchste Bonus nach 24 Jahren erreicht wird. In Ziffer 7 der Vereinbarung ist bestimmt, dass der Sparvertrag spätestens nach Erreichen von 24 Ansparjahren endet; die Zinsvereinbarung endet mit dem Ende der Ratensparvereinbarung. Nach Ziffer 6 der Vereinbarung beträgt die Kündigungsfrist drei Monate.
Mit Schreiben vom 17. September 2018 hat die Antragsgegnerin unter Hinweis auf die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie darauf, dass „mehrere Oberlandesgerichte“ eine vorzeitige Auflösung bei extrem langlaufenden hochverzinslichen Anlageprodukten zuließen, eine Anpassung des Vertrags verlangt. Sie bietet alternativ eine Verkürzung der Laufzeit oder eine Reduzierung der Zinshöhe an.
Hiermit ist die Antragstellerin nicht einverstanden. Mit ihrem Schlichtungsantrag verlangt sie von der Antragsgegnerin die Einhaltung der getroffenen Vereinbarung. Dem tritt die Antragsgegnerin insbesondere unter Hinweis auf die Entscheidung des OLG Naumburg vom 16. Mai 2018 im Verfahren 5 U 29/18 entgegen.
Der Schlichtungsantrag ist begründet.
Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, den Sparvertrag entsprechend den getroffenen Vereinbarungen fortzusetzen. Sie ist weder zur Kündigung dieses Vertrags berechtigt noch kann sie eine Vertragsanpassung wegen veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen verlangen.
1.
Die Antragsgegnerin ist zu einer Kündigung der Sparverträge nicht berechtigt, weil nach Wortlaut und Konzeption der Vereinbarung eine ordentliche Kündigung durch sie vertraglich ausgeschlossen ist und die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung nicht vorliegen.
a) Allerdings muss ich insoweit vorweg erklären, weshalb ich überhaupt prüfe, ob der Vertrag durch die Antragsgegnerin kündbar ist. Ich habe dabei keineswegs übersehen, dass die Antragsgegnerin eine solche Kündigung zwar in den Raum gestellt, nicht aber erklärt hat. Das Erfordernis dieser Prüfung ergibt sich aus der juristischen Methodenlehre, konkret aus dem sogenannten „argumentum a maiore ad minus“. Dieses bezeichnet die Zulässigkeit eines Schlusses von einer weitergehenden Regelung auf einen weniger Voraussetzungen erfordernden Fall. Auf den hier vorliegenden Fall bezogen bedeutet dies, dass dann, wenn eine Kündigung der Verträge durch die Bank zulässig wäre, eine den Sparer deutlich weniger belastende Maßnahme wie die bloße Vertragsanpassung durch Reduzierung der Laufzeit oder der Zinshöhe erst recht zulässig ist.
b) Vorliegend kommt aber eine – ordentliche und außerordentliche – Kündigung der Sparverträge durch die Bank nicht in Betracht. Ein ordentliches Kündigungsrecht ist im Vertrag konkludent ausgeschlossen. Die Bestimmungen in Ziffern 1 und 6 des Vertrags betreffen lediglich das Kündigungsrecht des Sparers. Dies ergibt die hier gebotene Auslegung des Vertrags vom 28. Juni 2010. Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung liegen nicht vor.
aa) Auf den hier vorliegenden Sparvertrag sind die Vorschriften der §§ 700 Absatz 1, 488 ff. BGB anzuwenden. Diese Vorschriften eröffnen grundsätzlich die Möglichkeit einer Kündigung nach den §§ 696, 488 und 489 BGB durch den Verwahrer – das ist die Bank – beziehungsweise den Darlehensnehmer – das ist hier, bei einem Sparvertrag, ebenfalls die Bank. Eine ordentliche Kündigung ermöglicht zudem die Bestimmung in Ziffer 19 Absatz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Auch der Vertrag selbst enthält eine Bestimmung, wonach die Kündigungsfrist drei Monate beträgt. Der Vertrag stellt allerdings nicht zweifelsfrei klar, ob sich die dadurch begründete – ordentliche – Kündigungsmöglichkeit allein an den Sparer oder auch an die Bank richtet. Deshalb bedarf der Vertrag der Auslegung. Dabei sind insbesondere der mit der Absprache verfolgte Zweck und die Interessenlage der Parteien nach dem Grundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung zu berücksichtigen, ferner die sonstigen Begleitumstände, die den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen erhellen können (BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 – IX ZR 45/07; WM 2008, 1456). Nach seiner Konzeption im Jahr 2005 sollte der Sparvertrag als langfristiges Vertragsverhältnis der Ansammlung oder Anlage von Vermögen durch regelmäßige Ansparvorgänge dienen. Er sollte auf der anderen Seite der Antragsgegnerin ebenso langfristig eine sichere Liquidität verschaffen. Für die sichere Verschaffung dieser Liquidität war die Antragsgegnerin bereit, einen über den damals üblichen Zins hinausgehenden Zinssatz zu gewähren. Dieser sollte mit zunehmender Dauer der sicheren Liquiditätsverschaffung weiter ansteigen, sodass dadurch der Anreiz für den Sparer, die Ansparung während der gesamten vorgesehenen Vertragsdauer „durchzuhalten“, nochmals erhöht wurde. Mit dieser Konzeption des Vertrags wäre es unvereinbar, wenn sich die Bank hiervon während der vereinbarten Zeit, innerhalb derer die Verpflichtung des Sparers zur monatlichen Einzahlung besteht, durch eine ordentliche Kündigung einseitig befreien könnte. Eine Verpflichtung des Sparers zur ratenweise Einzahlung ist nach Ziffer 2 des Vertrags für die gesamte Dauer der Sparvereinbarung begründet worden. Die Gesamtdauer der Sparvereinbarung beträgt aber, wenn sie nicht vorher durch ein einseitiges Verhalten des Sparers beendet wird, 24 Jahre. Aus dieser Konzeption des Sparmodells ergibt sich deshalb, dass innerhalb dieser Zeitdauer eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit seitens der Bank konkludent ausgeschlossen ist.
bb) Im Übrigen scheitern die spezialgesetzlich vorgesehenen Kündigungsmöglichkeiten auch an den Besonderheiten des hier vorliegenden Falls. Eine Kündigung nach § 488 Absatz 3 BGB scheitert be reits daran, dass für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit bestimmt ist, nämlich das 24. Ansparjahr. Der Vertrag enthält zwar Bestimmungen dazu, wie zu verfahren ist, wenn das angesparte Guthaben dann nicht abgerufen wird, sondern bestehen bleibt. Dies bewirkt jedoch keine Verlängerung der Dauer der Ratensparvereinbarung mit der Folge, dass diese unbefristet weiterläuft, wie dies in Ziffer 7 der Vereinbarung klargestellt wird; diese Bestimmung soll lediglich einen Streit über die dann geltenden Zinsbedingungen verhindern. Der Anwendbarkeit von § 488 Absatz 3 BGB steht zudem entgegen, dass die Antragsgegnerin das Darlehen noch nicht vollständig empfangen hat; dies ist erst nach Ablauf der Ratensparvereinbarung, also nach 24 Ansparjahren, der Fall. Eine Kündigung nach § 498 Absatz 2 BGB scheidet deshalb aus, weil der Sparvertrag eine feste Verzinsung und nicht, wie dies § 489 Absatz 2 BGB voraussetzt, einen veränderlichen Zinssatz vorsieht. Auch die Höhe des Bonuszinses ist von Anfang an fest vereinbart; er führt keineswegs zur Annahme einer variablen Verzinsung. Schließlich kann auch eine Kündigung nach § 489 Absatz 1 Nr. 1, 1. Halbsatz BGB nicht erfolgen; diese Vorschrift ist nach allgemeiner Ansicht auf das Passivgeschäft von Banken nicht anwendbar (OLG München, Urteil vom 21. November 2011 – 19 U 3638/11).
c) Die Antragsgegnerin kann den Vertrag auch nicht nach § 314 Absatz 1 BGB kündigen.
Nach § 314 Absatz 1 BGB kann jeder Vertragsteil Dauerschuldverhältnisse aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Voraussetzung für eine solche außerordentliche Kündigung ist, dass dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (§ 314 Absatz 1 Satz 2 BGB). Dies ist im Allgemeinen nur dann anzunehmen, wenn die Gründe, auf die die Kündigung gestützt wird, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen. Wird der Kündigungsgrund hingegen aus Vorgängen hergeleitet, die dem Einfluss des Kündigungsgegners entzogen sind oder gar aus der eigenen Interessensphäre des Kündigenden herrühren, rechtfertigt dies nur in Ausnahmefällen die fristlose Kündigung. Die Abgrenzung der Risikobereiche ergibt sich dabei aus dem Vertrag, dem Vertragszweck und den anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen (BGH, Urteil vom 7. März 2013 – III ZR 231/12).
Nach diesen Grundsätzen kommt vorliegend auch eine außerordentliche Kündigung nicht in Betracht. Sowohl die Zinsentwicklung als auch die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind dem Einfluss des Sparers entzogen. Andererseits ging es der Bank, wie bereits erwähnt, mit dem Abschluss derartiger Verträge insbesondere auch darum, sich langfristig sichere Liquidität zu verschaffen. Den dafür zu zahlenden Preis – den Zins – hat die Bank bestimmt. Sie hat dabei die künftige Entwicklung des Markts, insbesondere der Zinsen, prognostiziert und zum Inhalt der Vertragsbestimmungen gemacht. Damit trägt sie aber auch das Risiko, dass sich ihre Prognose nicht bewahrheitet. Genauso, wie die Bank zu Hochzinszeiten von der dann relativ günstigen Zinsvereinbarung profitiert – und wohl kaum an eine Anpassung der Konditionen gedacht – hat, muss sie in Zeiten niedriger Zinsen ihre Vertragsgestaltung ebenso hinnehmen. Dabei hätte es die Bank in der Hand gehabt, durch eine anderweitige Gestaltung ihr Risiko auszuschalten, zumindest zu minimieren. So hätte zum Beispiel ohne Weiteres die Möglichkeit bestanden, anstelle des festen Zinssatzes eine variable Verzinsung zu vereinbaren. Davon hat die Antragsgegnerin beziehungsweise deren Rechtsvorgängerin – aus freien Stücken – abgesehen. Es kann deshalb auch nicht etwa von einer erhöhten Schutzbedürftigkeit der Bank ausgegangen werden. Jedenfalls aber hat die Bank das Risiko für diejenigen Umstände, auf die sie nun den Anspruch auf eine Vertragsanpassung stützt, selbst übernommen. Dies steht einer Kündigung nach § 314 Absatz 1 BGB entgegen.
d) Schließlich kommt auch eine Kündigung des Vertrags nach § 313 Absatz 1 und Absatz 3 Satz 2 BGB nicht in Betracht.
Bei der Auflösung beziehungsweise Kündigung eines Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB handelt es sich um eine von vornherein auf besondere Ausnahmefälle beschränkte rechtliche Möglichkeit, die zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweisbar erscheinen muss. An die Vertragsauflösung aufgrund Wegfalls der Geschäftsgrundlage sind daher strengere Anforderungen zu stellen als an die außerordentliche Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 – I ZR 210/12; NZG 2014, 1036).
Diese strengen Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Insoweit fällt zum einen ebenfalls ins Gewicht, dass das Risiko der zukünftigen Zinsentwicklung von der Antragsgegnerin übernommen worden ist. Nach allgemeiner Ansicht ist § 313 BGB aber dann nicht anzuwenden, wenn sich durch die Störung ein Risiko verwirklicht, das eine Partei zu tragen hat (BGH, Urteil vom 21. September 2005 – XII ZR 66/03). Es kommt hinzu, dass immer dann, wenn ein Dauerschuldverhältnis auf viele Jahre begründet worden ist und eine Veränderung des Verhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung (Äquivalenzstörung) als Anpassungsgrund geltend gemacht wird, zu berücksichtigen ist, dass Verträge mit einer so langen Laufzeit immer in die nicht absehbare Zukunft hineinführen. Die bei sonstigen Austauschverträgen im Allgemeinen berechtigte Annahme, dass Leistung und Gegenleistung von den Vertragsparteien als einander gleichwertig angesehen werden, muss daher bei Verträgen mit einer sich über mehrere Jahre erstreckenden Laufzeit mit der Einschränkung verstanden werden, dass die Vertragsparteien nicht damit rechnen können, diese Gleichwertigkeit werde für die ganze Vertragsdauer erhalten bleiben.
Es fällt unter das normale Risiko solcher Verträge, dass sich die den Wert der vereinbarten Leistungen beeinflussenden Verhältnisse während der Vertragsdauer zugunsten des einen oder des anderen Vertragspartners ändern können (BGH, Urteil vom 31. Mai 1990 – I ZR 233/88 –, Rdn. 17, juris). Eine Äquivalenzstörung kann in solchen Fällen ein Anpassungsverlangen deshalb nur dann rechtfertigen, wenn das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung (oder jedenfalls das ursprünglich zugrunde gelegte Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung) so stark gestört ist, dass die Grenze des übernommenen Risikos überschritten wird und die benachteiligte Vertragspartei in der getroffenen Vereinbarung ihr Interesse nicht mehr auch nur annähernd gewahrt sehen kann. Eine Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage kann deshalb nur dann in Betracht kommen, wenn dies zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin nicht vereinbarer und damit der betroffenen Vertragspartei nicht zumutbarer Folgen unabweislich erscheint (BGH, a. a. O.). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ergibt sich aus dem Vorbringen der Antragsgegnerin nicht.
Damit scheidet die Möglichkeit einer ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung der Vereinbarung – und daraus resultierend die den Vertragspartner geringer belastende Möglichkeit einer Vertragsanpassung – aus.
2.
Auch eine – bloße – Vertragsanpassung auf der Grundlage von § 313 BGB kommt nicht in Betracht, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
Nach § 313 BGB kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien deshalb den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist. Die Geschäftsgrundlage eines Vertrags wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (BGH, Urteil vom 24. März 2010 – VIII ZR 235/09). Diese Vorstellungen müssen sich als falsch herausgestellt haben.
Die Parteien müssten, wenn sie dies vorausgesehen hätten, den Vertrag anders geschlossen haben (BGH, Urteil vom 7. März 2013 – VII ZR 68/10; WM 2014, 134). Eine Anpassung des Vertrags kann zudem nur gefordert werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage ist deshalb insbesondere dann kein Raum, wenn, wie bereits für den Fall der Kündigung ausgeführt, nach der vertraglichen Regelung derjenige das Risiko zu tragen hat, der sich auf die Störung beruft. Das Risiko einer Zinsentwicklung zu ihrem Nachteil hat aber die Antragsgegnerin übernommen. Dies ergibt sich daraus, dass sie den Inhalt des Sparvertrags durch vorformulierte Geschäftsbedingungen bestimmt hat. Eine solche vertragliche Risikoübernahme schließt die Rechte aus § 313 BGB regelmäßig aus (BGH, Urteil vom 21. Februar 2014 – V ZR 176/12; NJW 2014, 2177). Eine Abweichung hiervon ist hier nicht geboten. Der Antragsgegnerin wäre es ohne Weiteres möglich gewesen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu regeln.
3.
Auf die Entscheidung des OLG Naumburg vom 16. Mai 2018 im Verfahren 5 U 29/18 kann sich die Antragsgegnerin nicht berufen. Dieser Entscheidung liegt ein Sachverhalt zugrunde, der mit dem hier vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar ist. Maßgeblich ist insbesondere, dass die der Entscheidung des OLG Naumburg zugrunde liegenden Sparverträge, anders als hier, keine Laufzeitvereinbarung enthielten. Allerdings hat auch das OLG Naumburg, und insoweit in Übereinstimmung mit dem OLG Stuttgart, angenommen, dass bei der dortigen Vertragsgestaltung – der höchste Bonuszins war dort nach 15 Jahren erreicht – die Bank für diesen Zeitraum das Zinsrisiko übernommen habe und der Vertrag deshalb innerhalb dieser Zeit nicht wegen einer Veränderung des Zinsniveaus gekündigt werden könne. Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin aber aufgrund der Vertragsgestaltung das Zinsrisiko für 25 Jahre übernommen, sodass auch das OLG Naumburg im hier vorliegenden Fall konsequenterweise dazu kommen muss, dass innerhalb dieses Zeitraums eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist.
Der hier betroffene Sparvertrag kann deshalb nicht nach § 313 BGB wegen veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen hinsichtlich der Laufzeit oder der Zinshöhe angepasst werden. Er ist vielmehr unverändert fortzuführen.
Immer wieder werden „vergessene“, nicht entwertete Sparbücher älteren Datums vorgelegt. Der Streitschlichter hatte darüber zu entscheiden, ob dem Antragsteller ein Anspruch auf Auszahlung des Guthabens zusteht. Oft wird seitens der Bank eingewendet, das Recht auf Auszahlung sei schon längst verjährt oder gar verwirkt. Außerdem müsse der Kunde beweisen, dass die Bank noch nicht geleistet habe. Nach ständiger Rechtsprechung trägt allerdings das Kreditinstitut die Beweislast für die bereits erfolgte Erfüllung des Rückzahlungsanspruchs, wenn der Inhaber eines Sparbuchs den Rückzahlungsanspruch auf das Sparguthaben geltend macht. Im folgenden Schlichtungsvorschlag S 23/19 hat der Streitschlichter festgestellt, dass das Kreditinstitut die Erfüllung des Auszahlungsanspruchs nachgewiesen habe und das Sparbuch dadurch seine Legitimationswirkung verloren habe, mit der Folge, dass der Antragsteller eine nochmalige Erfüllung desselben Auszahlungsanspruchs nicht verlangen kann:
Der Antragsteller hat der Bank ein nicht entwertetes, auf seinen Namen lautendes Sparbuch vorgelegt, dessen letzte Eintragung 1975 erfolgte. Er verlangt die Auszahlung des im Buch ausgewiesenen Guthabens von 4.089,70 DM.
Der Antragsteller trägt vor, von späteren Verfügungen über das Sparguthaben sei ihm nichts bekannt. Die Bank tritt dem Anspruch entgegen und trägt unter Vorlage von Kontounterlagen vor, im Jahr 1981 sei das Sparkonto mit anderer Kontonummer weitergeführt worden. Da das bisherige Sparbuch zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auffindbar gewesen sei, sei das neue Sparkonto errichtet worden, mit dem der Vertrag mit weiteren Umsätzen fortgesetzt wurde, bis es am 22. Dezember 1992 zur Auszahlung des Guthabens und zur Auflösung des Sparbuchs gekommen sei.
Den Schlichtungsantrag kann ich nicht befürworten.
Ein Auszahlungsanspruch des Antragstellers im Sinne von § 488 Absatz 1 S. 2 BGB besteht nicht. Die Legitimationswirkung der vorgelegten Sparurkunde könnte zwar im ersten Ansatz für eine Forderungsberechtigung des Antragstellers sprechen, denn ein Sparbuch ist gemäß § 808 BGB ein qualifiziertes Legitimationspapier, d. h. ein deklaratorisches Wertpapier. Allerdings verpflichtet es das Kreditinstitut nicht zu einer Auszahlung über den materiellrechtlichen, also tatsächlich bestehenden Anspruch hinaus (vergleiche OLG Hamm, Urteil vom 2. November 1998 – 31 U 67/98, juris; Schimansky/Bunte/Lwowski, BankrechtsHandbuch, 4. Auflage, § 13 Rn. 8; Klaas/Osterle, EWiR 1999, 313, 314). Im Fall bereits erfolgter Auflösung kann die Bank also einwenden, dass das verbriefte Sparguthaben tatsächlich nicht mehr besteht. Nach ständiger Rechtsprechung (vergleiche BGH, Beschluss vom 21. September 1989 – III ZR 55/89, juris) trägt zwar das Kreditinstitut die Beweislast für die bereits erfolgte Erfüllung des Rückzahlungsanspruchs, wenn der Inhaber eines Sparbuchs den Rückzahlungsanspruch für das Sparguthaben geltend macht. Die Bank hat aber hinreichende Nachweise für die Erfüllung des Rückzahlungsanspruchs erbracht.
Die Bank hat die Kontoführung bis hin zur Auflösung dargelegt und belegt. Danach gibt das alte Sparbuch nicht den letzten Stand des Sparvertrags wieder. Das Sparkonto wurde vielmehr ab 1981 mit anderer Kontonummer weitergeführt. Die Legitimationswirkung des alten Sparbuchs ist schon dadurch beseitigt. Die Bank hat im Weiteren durch ein Kontoblatt belegt, dass das neue Sparbuch, mit dem der Antragsteller sich nicht legitimieren kann, am 22. Dezember 1992 durch Auszahlung und Auflösung gegenstandslos geworden ist. Dies alles rechtfertigt die Annahme, dass ein Sparkonto zurzeit ebenso wenig vorhanden ist wie ein fortbestehendes Sparguthaben. Da der Antragsteller die Existenz des Sparbuchs seit vielen Jahren ersichtlich komplett vergessen hat, kann er auch nicht zuverlässig in Abrede stellen, dass es zu einer wirksamen Verfügung über das frühere Guthaben gekommen ist, wofür grundsätzlich die bloße Vorlage des Sparbuchs ausreichte. Der Antragsteller sollte die Forderung nicht weiterverfolgen.
g) Depotführung
Hinsichtlich der Depotführung wurde vereinzelt die kapitalertragsteuerliche Behandlung von Erträgen gegenüber der Bank moniert. Leistet eine Bank Schadenersatz für die Verletzung depotvertraglicher Pflichten, so kann auch die Schadenersatzleistung selbst kapitalertragsteuerpflichtig sein, wenn die Ersatzleistung der Bank für entgangene kapitalertragsteuerpflichtige Erträge oder Erlöse geleistet wird. Der Kunde hat dann gerade keinen Anspruch auf steuerabzugsfreie Auszahlung, wie der folgende Schlichtungsvorschlag G 29/19 zeigt:
Die Antragstellerin hat von der Bank wegen der verspäteten Weiterleitung eines Wertpapierverkaufsauftrags und des ihr dadurch entstandenen Mindererlöses den Differenzbetrag für den zwischenzeitlichen Kursverlust erstattet und diese Zahlung der Kapitalertragsteuer und dem Solidaritätszuschlag unterworfen. Diese Steuern will die Antragstellerin erstattet haben. Einen Freistellungsauftrag will sie nicht erteilen, weil sie die Erlöse für nicht steuerpflichtig hält. Die Anlage habe insgesamt keinen Gewinn erbracht. Die Antragsgegnerin verweist auf § 20 Absatz 3 EStG und eine dazu ergangene Verwaltungsanweisung des Bundesministeriums für Finanzen (BMF).
Den Schlichtungsantrag kann ich nicht befürworten.
Die Bank war aufgrund steuergesetzlich vorgegebener, öffentlich-rechtlicher Verpflichtung gehalten, den Abzug vorzunehmen. Bankvertragliche (zivilrechtliche) Pflichten hat sie gegenüber der Antragstellerin nicht verletzt. Die Antragstellerin verkennt, dass es im gegebenen Zusammenhang nicht um den effektiven Anfall der von der Bank abgeführten Abgaben, also um die entsprechende materielle Steuerpflicht geht, sondern in erster Linie um die Offenlegung der (gesamten) Einkünfte aus Kapitalvermögen. Zwar hat die Antragstellerin im ersten Ansatz Recht, dass ihre Steuerpflicht grundsätzlich gewinnbezogen zu beurteilen ist (§ 20 Absatz 1 und 2 EStG). In § 20 Absatz 3 EStG ist aber festgelegt, dass zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch besondere Entgelte oder Vorteile gehören, die neben den in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden.
Hierzu verweist die Bank zutreffend auf das BMF-Schreiben vom 17. Januar 2019, wonach gemäß Rz. 83 der Erhalt von Entschädigungsleistungen für Verluste, die im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage geleistet werden, als Entgelte und Vorteile iSv § 20 Absatz 3 iVm Absatz 1 oder 2 EStG gelten, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zu einer bestimmten Transaktion besteht, bei der ein Verlust entstanden ist oder ein steuerpflichtiger Gewinn vermindert wird. Die Antragstellerin hat der Sache nach eine Schadensersatzleistung dafür erhalten, dass ihr Verkaufsauftrag (Transaktion) nur verzögert zur Ausführung gelangte und die Veräußerung zu einem ungünstigeren Kurs als zum beauftragten Zeitpunkt erfolgte. Diese Leistung fällt ohne Weiteres unter den Regelungsbereich des § 20 Absatz 3 EStG.
Dabei enthält § 20 Absatz 3 EStG keinen selbstständigen Besteuerungstatbestand, sondern nur eine Klarstellung des Umfangs der zu deklarierenden Einnahmen iSv § 20 Absatz 1 und 2 EStG (Knoblauch, DStR 2012, 1952–1956). Insoweit werden alle Vermögensmehrungen erfasst, die bei wirtschaftlicher Betrachtung ein Entgelt für die Kapitalüberlassung darstellen (vergleiche BFH-Urteile vom 9. April 2013 – VIII R 19/11, BFHE 241, 246, BStBl II 2013, 689; vom 16. März 2010 – VIII R 4/07, BFHE 229, 141, BStBl II 2014, 147; vom 21. Oktober 1997 – VIII R 18/96, BFH/NV 1998, 582, zu der Vorgängerregelung § 20 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 EStG).
Die Vorschriften zum Steuerabzug von Kapitalerträgen dienen ohnehin nicht dem Schutz der Antragstellerin als Gläubigerin von Kapitalerträgen. Sie enthalten vielmehr Regelungen für eine Quellenbesteuerung, die zur Beschleunigung der Steuererhebung beitragen sollen, vor allem aber Kontrollund Sicherungsfunktion im Hinblick auf die Erhebung von Steuern eines Kapitalertragsgläubigers haben (vergleiche BFH, Urteil vom 28. November 1961 – I 40/60 S, BFHE 74, 281, BStBl III 1962, 107; BFH, Urteil vom 15. Dezember 2004 – I R 42/04, juris). Durch sie soll verhindert werden, dass steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen dem steuerlichen Zugriff entzogen werden, indem der Gläubiger der Kapitalerträge die Einkünfte nicht oder unvollständig erklärt. Das gesamte System des Kapitalertragsteuerabzugs dient allein dem Interesse der Allgemeinheit. Soweit die Anwendung der einschlägigen Vorschriften im Einzelfall die Rechtsposition des Kapitalertragsgläubigers verbessern oder verschlechtern kann, handelt es sich dabei um einen bloßen Reflex der gesetzlichen Regelung, der nicht vom Ziel des Gesetzes umfasst ist und nicht zu einem Anspruch des Bankkunden gegen die Bank führen kann (vergleiche BFH a.a.O.; BFHE 184, 212, BStBl II 1998, 63).
Mit anderen Worten: Wenn ein Anleger außerhalb einer abgerechneten und dokumentierten Transaktion eine Entschädigung (für Kursverluste) erhält, dann will der Fiskus dies kontrollieren. Andernfalls könnte es ja ohne Weiteres sein, dass – wohl anders als im gegebenen Fall – durch solche Leistungen („unter dem Strich“) ein steuerpflichtiger Gewinn entsteht, der überhaupt nicht erfasst würde und am Fiskus vorbeiginge. Mit der effektiven Steuerlast aufseiten der Antragstellerin hat dies alles nicht unmittelbar zu tun. Die sich bietenden Möglichkeiten zur Senkung dieser Steuerlast hat die Bank zutreffend aufgezeigt (Veranlagungsweg, Freistellungsauftrag). Das sollte die Antragstellerin akzeptieren.
h) Andere Sachgebiete
Die Antragsteller verlangten mitunter von den Banken die Herausgabe von Drittkosten, die diese als kontoführendes Institut für die Vermittlung des Depotgeschäfts an die depotverwaltende Kapitalanlagegesellschaft Union Investment erhalten haben. Der Streitschlichter klärte in diesem Fall darüber auf, dass der Anleger außerhalb des provisionsvertraglichen Vertragsverhältnisses steht und keinen Herausgabeanspruch hat, wie der Schlichtungsvorschlag H 37/19 aufzeigt:
Der Antragsteller verlangt von der Bank die Erstattung von Drittkosten, welche die Bank von der (depotführenden) Union Investment erhalten hat. Das Depot wurde durch die Bank als dem kontoführenden Finanzinstitut des Antragstellers vermittelt. Die Bank hält das Provisionsmodell für rechtmäßig und verweist auf die geltenden Informationspflichten.
Den Schlichtungsantrag kann ich nicht befürworten.
Ein Erstattungsanspruch steht dem Antragsteller nicht zu.
Der Antragsteller ist weder Leistender von Vergütungen beziehungsweise Provisionen und kann daher auch nicht im Sinne einer ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Absatz 1 BGB) anspruchsberechtigt sein. Der von ihm beanstandete Geldfluss tangiert auch nicht unmittelbar seine Vertragsbeziehungen zur Union Investment, bei der er das Depot unterhält.
Ich erläutere das wie folgt: In Deutschland dominiert die provisionsbasierte Anlageberatung. Dabei wird ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen (Bank), das eine Beratung anbietet, zumindest teilweise von den Anbietern oder Emittenten von Finanzinstrumenten vergütet. Beim Kunden, der einen Berater etwa in der örtlichen Filiale seiner Bank aufsucht, kann dadurch der Eindruck entstehen, die Beratung, hier die Depotvermittlung, sei kostenlos. Die Zuwendung ist aber letztlich eingepreist.
Der etwas spröde Begriff der Einpreisung meint, dass das (depotführende) Unternehmen im Rahmen seiner eigenen Preisgestaltung auch abzuführende Vergütungen/Provisionen miteinkalkuliert. Die kalkulatorischen Grundlagen dieser Preisbildung sind nach allgemeinen Grundsätzen nicht einmal offenbarungspflichtig. Welchen Preis ein Unternehmen für seine Produkte und Dienstleistungen berechnet, unterliegt im Rahmen seiner Geschäftspolitik zunächst allein seiner eigenen Entscheidung. Daher sind Allgemeine Geschäftsbedingungen hinsichtlich der Preisgestaltung für die angebotenen (Haupt-)Leistungen nicht einmal einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle im Rahmen von § 307 BGB zugänglich, weil insoweit die sogenannte Preisfreiheit gilt. Im Rahmen der Vertragsfreiheit ist es Sache des Kunden, ob er sich zu den angebotenen Konditionen auf einen Vertragsschluss einlassen will.
Vorliegend kommen aber zusätzlich finanzmarktrechtliche Informationspflichten zum Tragen. Sie beruhen auf der Umsetzung der europäischen Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) und den Vorschriften des WpHG (vergleiche § 70 Absatz 2 WpHG). Zur Vermeidung beziehungsweise Offenlegung denkbarer Interessenkonflikte müssen Wertpapierdienstleistungsunternehmen solche Zuwendungen, die im Zusammenhang mit einer Dienstleistung fließen, gegenüber dem Kunden offenlegen. Das ist hier geschehen.
Daraus ergibt sich aber nicht, dass es sich um eine Leistung des Antragstellers an die Bank handelt, für die es einer (vertraglichen) Rechtsgrundlage bedürfte. Es handelt sich vielmehr um eine Leistung im Verhältnis zwischen der Bank und Union Investment, die nicht dem Einflussbereich des Antragstellers unterliegt.
Nun mag der Antragsteller argwöhnen, dass er selbst zumindest mittelbar die Kosten für die Zahlungen (mit-)trägt. In wirtschaftlicher Hinsicht kann ich ihm da auch letztlich nicht widersprechen. Gleichwohl gelten aber die eingangs aufgezeigten Grundsätze der Preisfreiheit. Als Kunde hat er allenfalls die Möglichkeit, anstelle einer provisionsbasierten eine unabhängige Honorar-Anlageberatung in Anspruch zu nehmen. Allerdings bieten dies bislang nur wenige Wertpapierdienstleistungsunternehmen an. Das zumeist nicht unbeträchtliche Honorar muss dann natürlich vom Anleger unmittelbar selbst gezahlt werden. Der Antragsteller sollte akzeptieren, dass er keinen Erstattungsanspruch hat.