Einleitung
Einleitung
Dr. Alfons van Gelder
1936
Geboren in Oberhausen/NRW
1956–60
Studium der Rechtswissenschaften und der Volkswirtschaft an den Universitäten Köln und Marburg
1965
Große juristische Staatsprüfung
1967
Promotion
1971
Ernennung zum Richter am Landgericht Marburg/Lahn
1979
Ernennung zum Vorsitzenden Richter am Landgericht Marburg/Lahn
1990
Ernennung zum Richter am Bundesgerichtshof
2001
Versetzung in den Ruhestand
2002
Bestellung zum Ombudsmann der deutschen genossenschaftlichen Bankengruppe
Mit Wirkung vom 2. April 2002 wurde das Ombudsmannverfahren der deutschen genossenschaftlichen Bankengruppe eingeführt. Seither haben Kunden genossenschaftlicher Banken die Möglichkeit, Streitigkeiten mit ihrer Bank außergerichtlich und ohne Kostenrisiko durch einen unabhängigen Schlichter klären zu lassen. Zum ersten Ombudsmann der genossenschaftlichen Bankengruppe wurde Dr. Alfons van Gelder bestellt. Er war bis zum Eintritt in den Ruhestand im Jahre 2001 Richter am XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, der unter anderem für Bankund Börsenrecht zuständig ist.
In den Jahren 2005, 2008, 2011 sowie 2014 bestellte ihn der Vorstand des BVR – nachdem der gemäß der Verfahrensordnung zu konsultierende Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv) keine seine Qualifikation oder Unparteilichkeit infrage stellenden Einwände erhoben hatte – für jeweils eine weitere Amtsperiode von drei Jahren zum Ombudsmann der genossenschaftlichen Bankengruppe.
Vertreter des Ombudsmanns ist seit 2002 Professor Dr. Franz Häuser, Co-Direktor des Instituts für Deutsches und Internationales Bank- und Kapitalmarktrecht der Juristenfakultät der Universität Leipzig und vormaliger Rektor der Universität Leipzig.
Grundlage des Ombudsmannverfahrens ist die „Verfahrensordnung für die außergerichtliche Schlichtung von Kundenbeschwerden im Bereich der deutschen genossenschaftlichen Bankengruppe“ (VerfO).1 Nummer 1 VerfO regelt die Einzelheiten der Bestellung des Ombudsmanns. In Nummer 2 VerfO ist bestimmt, dass beim BVR eine Kundenbeschwerdestelle eingerichtet wird, der neben der Vorprüfung (Nummer 5 VerfO) die gesamte Abwicklung des Verfahrens obliegt. Daneben sind in der Verfahrensordnung die Voraussetzungen des Schlichtungsverfahrens (Nummer 3 und Nummer 4 VerfO) sowie der Verfahrensgang (Nummer 5 und Nummer 6 VerfO) und die allgemeinen Verfahrensgrundsätze (Nummer 7 VerfO) geregelt.
Die Verfahrensordnung ist vom Bundesministerium der Justiz genehmigt und entspricht den in der Empfehlung der Europäischen Kommission vom 30. März 19982 aufgeführten Grundsätzen für „Einrichtungen, die für die außergerichtliche Beilegung von Verbraucherrechtsstreitigkeiten zuständig sind“. Sie wurde erstmals wirksam mit Veröffentlichung im Bundesanzeiger3 am 28. März 2002. Im Jahre 2003 wurde sie grundlegend überarbeitet und erneut dem Bundesministerium der Justiz vorgelegt, das die geänderte Fassung mit Bescheid vom 2. Juli 2003 genehmigte. Die geänderte Verfahrensordnung wurde wirksam mit Veröffentlichung des Bescheids nebst der geänderten Verfahrensordnung im Bundesanzeiger4 am 2. September 2003. 2006 wurden mit Blick auf das Inkrafttreten des Fernabsatzgesetzes für Finanzdienstleistungen am 8. Dezember 2004, das eine Erweiterung der Zuständigkeit der Schlichtungsstellen zur Folge hatte, zwei klarstellende Einfügungen vorgenommen. Diese Einfügungen wurden mit dem Bundesministerium der Justiz abgestimmt, das feststellte, dass die Änderungen kraft Gesetzes wirksam geworden seien, und bestätigte, dass sich die Wirksamkeit der im Jahre 2003 erteilten Genehmigung auch auf die Änderungen erstrecke.
2009 wurde die Verfahrensordnung abermals überarbeitet und der gesetzlichen Entwicklung angepasst. Die Änderung wurde erforderlich aufgrund des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009, mit dem § 14 des Unterlassungsklagengesetzes geändert wurde, und betraf Nummer 3 Absatz 2 Satz 1 Buchstabe c und Nummer 5 Absatz 1 Satz 2 der Verfahrensordnung. Um die Ausnahmeregelung im Zusammenhang mit dem Unzulässigkeitsgrund „Strafanzeige erstattet“ zukunftsfest zu gestalten, wurde eine dynamische Regelung gewählt, die nur noch auf § 14 Absatz 1 Unterlassungsklagengesetz in seiner jeweiligen Fassung verweist. Das Bundesministerium der Justiz genehmigte die geänderte Verfahrensordnung mit Bescheid vom 24. November 2009. Mit Veröffentlichung der Genehmigung nebst der geänderten Verfahrensordnung im Bundesanzeiger Nummer 1 vom 5. Januar 2010, Seite 2, ist sie in der neuen Fassung in Kraft getreten.
Zum 1. Januar 2012 erfolgte eine redaktionelle Anpassung in Nummer 3 Absatz 1 Satz 2 der Verfahrensordnung, mit der die Umbenennung des Zentralen Kreditausschusses in „Die Deutsche Kreditwirtschaft“ nachvollzogen wurde. Da damit keine inhaltliche Änderung der Verfahrensordnung verbunden war, bedurfte die Anpassung nicht einer Genehmigung durch das Bundesministerium der Justiz, wie dieses mit Schreiben vom 29. November 2011 auf Anfrage der Kundenbeschwerdestelle bestätigte.
Die Verfahrensordnung steht – ebenso wie eine Kurzinformation zum Verfahren („Die Lösung bei Konflikten. Der Ombudsmann für Streitigkeiten zwischen Kunde und Bank“) – als Faltblatt zur Verfügung.5
Das Ombudsmannverfahren gilt für alle Mitgliedsbanken des BVR, die ihre Teilnahme hieran erklärt haben. Von den 1.047 Mitgliedsinstituten des BVR6 nehmen 961 – das sind 91,8 Prozent (2002: 80 Prozent, 2005: 85 Prozent) – am Verfahren teil; eine Liste der Banken, die ihre Teilnahme erklärt haben, ist bei der Kundenbeschwerdestelle beim BVR erhältlich.
Bei den Banken werden die Beschwerden zur hausinternen Erledigung entweder vom Vorstand oder von einer von diesem benannten Person oder Stelle entgegengenommen. Diese Ansprechpartner sind für die Behandlung der Beschwerden innerhalb der Bank zentral zuständig und stehen darüber hinaus dem Ombudsmann und der Kundenbeschwerdestelle beim BVR für Auskünfte und Rücksprachen zur Verfügung.
Ein Ombudsmannverfahren ist möglich bei jeder Meinungsverschiedenheit zwischen einem Kunden und einer Bank über von der Bank angebotene Produkte und Dienstleistungen.
Beschweren können sich sowohl Privatkunden als auch Firmenkunden. Daneben steht das Ombudsmannverfahren offen für Bürger, denen entgegen der Empfehlung der Deutschen Kreditwirtschaft zum „Girokonto für jedermann“ die Einrichtung eines Guthabenkontos verweigert wurde.
Soweit es um Streitigkeiten aus der Anwendung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches betreffend Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen, des Verbraucherkreditrechts (§§ 491 bis 509 des Bürgerlichen Gesetzbuches) oder des Zahlungsdiensterechts (§§ 675 c bis 676 c des Bürgerlichen Gesetzbuches) geht, wird gleichzeitig eine öffentlich-rechtliche Streitschlichtungsaufgabe wahrgenommen. Insoweit hat das Bundesministerium der Justiz die in § 14 Absatz 1 des Gesetzes über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen (Unterlassungsklagengesetz – UKlaG) geregelte Schlichtungsaufgabe der Deutschen Bundesbank für die Kreditinstitute, die dem BVR angehören und an dem dort eingerichteten Schlichtungsverfahren teilnehmen, auf den BVR übertragen (§ 14 Absatz 3 Unterlassungsklagengesetz in Verbindung mit § 7 Absatz 1 Nummer 4 der Schlichtungsstellenverfahrensverordnung).
Daneben ist das Ombudsmannverfahren als „sonstige Gütestelle“ im Rahmen der obligatorischen außergerichtlichen Streitschlichtung anerkannt. Mit § 15 a des Einführungsgesetzes zur Zivilprozessordnung (EGZPO, siehe Seite 8) ist den Bundesländern die Möglichkeit eröffnet worden, in bestimmten Fällen (unter anderem bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten mit einem Streitwert von nicht mehr als 750 Euro) die Zulässigkeit einer zivilrechtlichen Klage von der vorherigen erfolglosen Durchführung eines außergerichtlichen Streitschlichtungsverfahrens vor einer staatlich eingerichteten oder anerkannten Gütestelle oder einer „sonstigen Gütestelle“ (§ 15 a Absatz 3 EGZPO) abhängig zu machen.
Kommt der Beschwerdeführer aus einem Bundesland, das von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht hat, und will er klagen, erhält er auf Anforderung von der Kundenbeschwerdestelle beim BVR eine Bescheinigung über einen erfolglosen Einigungsversuch, die er sodann mit der Klage einzureichen hat.
Schließlich hat der BVR als Träger des Ombudsmannverfahrens bereits im Jahre 2002 seine Teilnahme an dem von der Europäischen Kommission geschaffenen Netzwerk der Schlichtungsstellen für Finanzdienstleistungen (FIN-NET) erklärt, dem mittlerweile 57 anerkannte Streitschlichtungseinrichtungen aus 25 Staaten des europäischen Wirtschaftsraums (Europäische Union sowie Island, Liechtenstein und Norwegen) angeschlossen sind.
§ 15 a EGZPO
(1)
Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Erhebung der Klage erst zulässig ist, nachdem von einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle versucht worden ist, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen
1. in vermögensrechtlichen Streitigkeiten vor dem Amtsgericht über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von 750 Euro nicht übersteigt,
...
Der Kläger hat eine von der Gütestelle ausgestellte Bescheinigung über einen erfolglosen Einigungsversuch mit der Klage einzureichen. Diese Bescheinigung ist ihm auf Antrag auch auszustellen, wenn binnen einer Frist von drei Monaten das von ihm beantragte Einigungsverfahren nicht durchgeführt worden ist.
...
(3)
Das Erfordernis eines Einigungsversuchs vor einer von der Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entfällt, wenn die Parteien einvernehmlich einen Einigungsversuch vor einer sonstigen Gütestelle, die Streitbeilegungen betreibt, unternommen haben. Das Einvernehmen nach Satz 1 wird unwiderleglich vermutet, wenn der Verbraucher eine branchengebundene Gütestelle, eine Gütestelle der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer oder der Innung angerufen hat. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.
...
Netzwerk der Schlichtungsstellen für Finanzdienstleistungen
Mithilfe des FIN-NET, das am 1. Februar 2001 eingerichtet wurde, soll die außergerichtliche Beilegung grenzüberschreitender Streitigkeiten zwischen Anbietern von Finanzdienstleistungen und Verbrauchern im europäischen Wirtschaftsraum erleichtert werden. Grundlage des Netzwerks ist die freiwillige und nicht rechtsverbindliche „Vereinbarung über ein grenzübergreifendes, außergerichtliches Netz zur Behandlung von Beschwerden für Finanzdienstleistungen im europäischen Wirtschaftsraum“, die im Wesentlichen auf der gegenseitigen Anerkennung der in den verschiedenen Mitgliedstaaten eingerichteten Beschwerdestellen beruht. Mit dem FIN-NET sollen im Interesse sowohl der Finanzdienstleistungsanbieter als auch der Verbraucher der Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den in den Mitgliedstaaten bereits bestehenden außergerichtlichen Schlichtungsverfahren mit dem Ziel gefördert werden, dass Kundenbeschwerden möglichst schnell zu der zuständigen Schlichtungseinrichtung gelangen.
Weitere Informationen rund um das FIN-NET, insbesondere zu den angeschlossenen nationalen Schlichtungsstellen, sowie die bislang erschienenen Tätigkeitsberichte 2001 bis 2006, 2007, 2008 bis 2009, 2010, 2011 und 2012 sind unter ec.europa.eu/finance/ fin-net abrufbar.
Im Berichtszeitraum hatte die Kundenbeschwerdestelle beim BVR zehn grenzüberschreitende Streitigkeiten zu verzeichnen. Sie fielen sämtlich in die Zuständigkeit des Ombudsmanns, weil sie von Kunden am Verfahren teilnehmender (inländischer) Banken eingereicht waren, die ihren Wohnsitz im europäischen Ausland haben. Sieben Beschwerdeführern, die sich telefonisch an die Kundenbeschwerdestelle gewandt hatten, weil sie eine Streitigkeit mit einer Bank im europäischen Ausland hatten, wurde die Anschrift der zuständigen Schlichtungsstelle genannt, verbunden mit der Bitte, sich unmittelbar dorthin zu wenden.