Impulse für morgen
Impulse für morgen
„Wenn wir die Gussformen des Bekannten zerbrechen und etwas Neues schaffen, dann verwenden wir dazu alle dieselbe Software des Gehirns.“1
Kreativität ist ein gefragtes Gut. Im Zuge der Digitalisierung gilt dies mehr denn je. Kreative Köpfe werden benötigt, wenn es darum geht, mit den digitalen Veränderungen unserer Gesellschaft Schritt zu halten. Stärker denn je ist es aufseiten vieler Unternehmen erwünscht, Dinge gegen den Strich zu denken, neue Ideen auszuprobieren, gewohnte Strukturen aufzubrechen. Es gibt wohl kaum eine Branche, die nicht nach neuen Ideen dürstet, um den – insbesondere durch die Digitalisierung – großen Herausforderungen künftig gerecht werden zu können. Gute Einfälle sind gefragt, neue Methoden. Am liebsten schnell, am liebsten sofort anwendbar.
Gute Ideen gesucht
Kreativlabore, Innovationlabs, Denkfabriken werden gegründet, um vor allem eines hervorzubringen: gute Ideen. Betriebliche Strukturen werden zuweilen geändert, um bestenfalls alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu motivieren, kreativ und frei von Formalismen zu denken und daraus neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Hierarchien werden aufgelöst, um eine unternehmensübergreifende Erfinderkultur zu wecken – sei es bei „Space 10“ von Ikea, im Merck Innovation Center oder in den AppHäusern von SAP.
„Die große Chance der Innovation Center besteht darin, den hier zweifelsohne anzutreffenden kreativen Spirit zielgerichtet für die aktive Zukunftsgestaltung zu nutzen.“2
Neue Begrifffe entstehen. Innovative Denkmodelle werden immer beliebter: „Design Thinking“, „Business Model Canvas“ oder auch Lego® Serious Play®. Auch wenn es hier natürlich grundsätzliche Unterschiede gibt, geht es im Kern dieser Modelle darum, in Unternehmen ideale Rahmenbedingungen für zielgerichtete und ergebnisorientierte Kreativität zu schaffen. Kreatives Spinnen wird hier zum Leitprinzip, ohne dabei jedoch der Beliebigkeit Tür und Tor zu öffnen. Aber wo sollen die kreativen „Spinner“ so schnell und plötzlich alle herkommen?
Ganz gewiss ist es von Vorteil, wenn Personen imstande sind, scheinbar schlichte Vorgänge kreativ zu betrachten, sie auszuschmücken, sie zu überzeichnen oder sie auch einmal ganz grundsätzlich infrage zu stellen. Schließlich besteht der Kern der Kreativität darin, sich Dingen auch mal aus ganz anderen Blickwinkeln zu nähern und Prozesse grundlegend neu zu denken.
Kindliche Kreativität
Das Fundament für diese Fähigkeit wird schon sehr früh gelegt – häufig bereits im Kindesalter. So ist die Förderung von Kreativität bei Kindern ein sehr wichtiger Grundstein für die Persönlichkeitsentwicklung. Man muss nur Kindern beim freien Malen zuschauen, um zu erkennen, was für ein Potenzial in ihnen schlummert und geweckt werden möchte. Hier werden Situationen und persönliche Erfahrungen bunt miteinander vermischt, Inhalte fließen frei assoziiert ineinander, neue Fantasiewelten entstehen. Und fragt man die Sprösslinge dann, was das denn nun alles zu bedeuten hat, zeugt die Erklärung häufig von einem höchst kreativen Umgang mit der Welt, die sie umgibt. „Wow! Auf so eine Idee muss man erst einmal kommen“, schwärmen da die Erwachsenen und wünschen sich vielleicht insgeheim, auch wieder in das Reich der kindlichen Fantasie zurückkehren zu können, um sie für die komplizierte Gegenwart nutzbar zu machen. Wenn es denn so einfach wäre … Kurzum: Kreativität ist essenziell, um den Herausforderungen der Zukunft gerecht werden zu können. Vielleicht sogar essenzieller denn je.
Gründer als Gestalter
Blickt man auf die Struktur der Volksbanken und Raiffeisenbanken erkennt man, dass es ihren Gründern Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch – bei aller fachlichen Brillanz – auch an Kreativität ganz gewiss nicht mangelte. So war die Gründung und Entwicklung von Genossenschaften doch zweifellos ein höchst innovativer, kreativer und zugleich zukunftsweisender Ansatz, der es kleinen Unternehmen ermöglichte, vermeintlich übermächtigen, großen Entwicklungen gemeinsam Herr zu werden. Es fällt nicht schwer dies auch auf die Gegenwart zu beziehen: #Digitalisierung.
Die gegenseitige Förderung ist, wie von den Gründern bereits angelegt, bei den Genossenschaftsbanken weiterhin ein alle Partner verbindendes Wesensmerkmal. Diese Förderung ist jedoch kein Selbstzweck, sondern reicht bis zur Förderung gesellschaftlicher Anliegen.
Kunst und Kultur
Das alljährlich große Engagement der Genossenschaftsbanken in Deutschland belegt dies immer wieder aufs Neue. Neben der Förderung von finanzieller Bildung in den Schulen, des sozialen Zusammenhalts und sportlicher Aktivitäten spielt vor allem auch die Förderung von Kreativität für die Kreditgenossenschaften eine große Rolle. So gaben 93 Prozent aller Genossenschaftsbanken in Deutschland bei der BVR-Engagementumfrage 2017 an, sich für die Bereiche Kunst und Kultur zu engagieren.
Mit ihrem mittlerweile über fast fünf Jahreszehnte etablierten internationalen Jugendwettbewerb „jugend creativ“ (siehe Seiten 48 bis 89) prägen die Volksbanken und Raiffeisenbanken die kreative Entwicklung von Kindern und Jugendlichen mit. Sie animieren zur künstlerisch-kreativen Auseinandersetzung mit der Welt, die uns umgibt, und fördern ihre Gestaltung. Dazu passt, dass Kinder und Jugendliche Jahr für Jahr die mit Abstand am stärksten berücksichtigte Zielgruppe des gesellschaftlichen Engagements der Genossenschaftsbanken sind.
Unkonventionelles Denken
Damit tragen die Kreditgenossenschaften gezielt zur Förderung der zukünftigen Entwicklung unserer Gesellschaft bei und übernehmen dafür Verantwortung. Sie treten auch da auf den Plan, wo der Staat sich teilweise zurückzieht. Dies betrifft die Förderung von Kreativität in der Schule, aber auch die Förderung von Finanzbildung. Es braucht nicht viel Fantasie, um vorauszusagen, dass kreatives, unkonventionelles Denken künftig gefragter sein wird denn je. Querdenker, Umdenker, Neudenker werden benötigt, um die Herausforderungen von morgen mit der nötigen Inspiration, aber auch mit einer Prise Pragmatismus angehen zu können. Die Förderung der Gestalter der Gesellschaft von morgen kann gar nicht früh genug beginnen. Die Kreditgenossenschaften tragen aktiv ihren Teil dazu bei.
„Wer Innovation nicht verhindern will, muss Menschen sich frei entwickeln lassen. Das ist die schwierigste Übung von allen.“3
„jugend creativ“
Wettbewerb der Superlative
Was für ein schönes Geburtstagsgeschenk! Pünktlich zum 150. Geburtstag des Genossenschaftsgründers Friedrich Wilhelm Raiffeisen, inmitten der Feierlichkeiten in der Frankfurter Paulskirche, schmiedete eine kleine Runde engagierter Innovatoren aus unterschiedlichen Ländern einen großen Plan: den gemeinsamen Start eines Kreativwettbewerbs für Kinder und Jugendliche. Nicht nur in Deutschland, sondern grenzüberschreitend, als Form der Verständigung, des gegenseitigen Austauschs und – nicht zuletzt – zur Förderung von Innovation und Kreativität.
Fortan setzte man sich zusammen, plante, konzipierte. Zwei Jahre später war es dann so weit: Inspiriert von der spektakulären Mondlandung von Apollo 11 riefen die Volksbanken und Raiffeisenbanken erstmals Schüler und Jugendliche auf, sich kreativ mit einem Thema unserer Zeit auseinanderzusetzen. „Starte mit ins Weltall“ lautete 1970 das Motto des 1. Internationalen Jugendwettbewerbs. Es war zugleich der Start in eine neue Ära des gesellschaftlichen Engagements.
Teil vieler Schulbiografien
Denn: Seitdem findet der Wettbewerb jedes Jahr statt. Mit jährlich bis zu einer Million Einsendungen ist er der weltweit wohl größte Jugendwettbewerb seiner Art. 1993 hat er dafür sogar einen Eintrag ins „Guinness-Buch der Rekorde“ erhalten. Der Jugendwettbewerb, der schon seit einiger Zeit unter dem Namen „jugend creativ“ firmiert ist ein Wettbewerb der Superlative. Neben Deutschland beteiligen sich auch Frankreich, Österreich, die Schweiz, Finnland, Italien (Südtirol) und Luxemburg an dem kreativen Miteinander. Er ist somit auch ein Paradebeispiel für eine grenzüberschreitende europäische Kooperation.
Rund 35 Millionen Arbeiten wurden bislang bei „jugend creativ“ eingereicht und dies über mehrere Generationen hinweg. Ein Großteil auch der älteren Jahrgänge erinnert sich noch gerne und mit einem Hauch Nostalgie an den „Malwettbewerb der Volksbanken und Raiffeisenbanken“ aus seiner Grundschulzeit. Der Wettbewerb ist zum Teil der Schulbiografie sehr vieler Menschen nicht nur in Deutschland geworden. Das muss man erstmal schaffen.
Eine Bank, 43.716 Bilder
Die große Reichweite von „jugend creativ“ lädt zu Rechenspielen ein: Nimmt man einmal an, dass in allen Jahren geschätzt 40 Millionen Bilder im Format DIN A3 eingereicht wurden, ist im Laufe der Jahre eine Fläche von fast 5 Millionen Quadratmetern entstanden. Das sind Bilder für ganze 700 Fußballfelder. Von oben betrachtet würden sie bestimmt ein sehr farbenfrohes Bild abgeben. Wenn diese Bilder während der Jurierung jeweils im Schnitt von fünf Personen begutachtet wurden, kommt man auf insgesamt 200 Millionen Betrachter. Lässt man die Zusammenschlüsse unter Volksbanken und Raiffeisenbanken in den vergangenen Jahren sowie die unterschiedlichen Größenverhältnisse der Institute und Geschäftsgebiete einmal außer Acht und geht davon aus, dass alle Institute teilgenommen haben, ergeben sich insgesamt über 43.716 Bilder, die pro Institut von den aktuell insgesamt 915 Kreditgenossenschaften im Laufe dieser Zeit und im Zusammenwirken mit Schulen entstanden sind. Was für eine beeindruckende Zahl! Keine Frage: Dieses Engagement hat das Leben in vielen Regionen und in den dort beheimateten Schulen gewiss um einiges bunter und farbenfroher werden lassen. Jahr für Jahr gibt der Wettbewerb auch heute noch jede Menge kreative Impulse, deren Wert sich in Zahlen nicht ausdrücken lässt.
Gleichzeitig regen die Aufgabenstellungen stets auch zu einer künstlerisch kreativen Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Themen der jeweiligen Zeit an. Der Wettbewerb geht also weit über die rein gestalterische Dimension hinaus (siehe „Kreative Zeitreisen“ auf Seite 50).
Wegbegleiter, Preisträger, Initiatoren
Keine Frage: Wenn man sich also der Förderung von Kreativität widmet, führt an den Volksbanken und Raiffeisenbanken und „jugend creativ“ kein Weg vorbei! Auch mit Blick auf das bevorstehende große Jubiläum kommen deshalb in diesem Engagementbericht Wegbegleiter, Preisträger und Initiatoren von „jugend creativ“ zu Wort.
Mit Oliver Rennert (Seite 76) konnten wir sogar einen der allerersten Preisträger des damaligen Malwettbewerbs ausfindig machen, für den die Kunst – wie soll es anders sein – auch heute noch ein wesentlicher Teil seines Lebens ist.
Der Trickfilmer und Regisseur Thomas Stellmach (Seite 64) verkörpert wiederum ganz vieles in einem. Auch er stand als Preisträger schon einmal auf dem „jugend creativ“-Treppchen. Im Laufe seiner künstlerischen Laufbahn schaffte er es dann sogar bis hin zur Academy und bekam von ihr 1997 für seinen Animationsfilm „The Quest“ in Los Angeles einen Oscar verliehen. Bei „jugend creativ“ ist Thomas Stellmach weiterhin mit vollem Herzen dabei. Er ist seit vielen Jahren festes Mitglied der Video-Jury, veranstaltet inspirierende Workshops für die Bundespreisträger von „jugend creativ“ und weiß aus eigener Erfahrung, wie gut der Wettbewerb für die Kreativen von morgen ist.
Das ist auch Klaus-Ove Kahrmann (Seite 54), dem Vorsitzenden der beiden Bundesjurys und pädagogisch-künstlerischen Berater von „jugend creativ“, längst bekannt. Mit gutem Gespür und kreativen Impulsen wirkt er seit vielen Jahren mit darauf hin, dass der Wettbewerb Jahr für Jahr künstlerische Talente hervorbringt und zahlreiche Kinder und Jugendliche immer wieder aufs Neue für Kunst begeistert.
Genossenschaftsbanken: Förderer vor Ort
Einen ganz wesentlichen Beitrag dafür leisten natürlich die zahlreichen Volksbanken und Raiffeisenbanken vor Ort. Sie sind die Wegbereiter des Erfolgs. Sie tragen den Wettbewerb in die Schulen und kooperieren dort mit den Lehrerinnen und Lehrern. Viele von ihnen haben durch ihr langjähriges Wirken den Kreativwettbewerb in ihrer Region zu einer gut gepflegten Tradition werden lassen.
Mit der Volksbank Bielefeld-Gütersloh (ab Seite 58) und der Raiffeisenbank Grävenwiesbach (ab Seite 68) wird hier nun das Engagement zweier Institute porträtiert, die strukturell zwar sehr unterschiedlich aufgestellt sind, sich in Sachen Euphorie für „jugend creativ“ aber in nichts nachstehen. So gelingt es beiden – ganz gleich, ob groß oder klein – auf inspirierende und motivierende Weise die Menschen vor Ort mit „jugend creativ“ für die Kunst zu begeistern. Beide Institute stehen exemplarisch für das besondere und vielseitige Engagement, mit dem die Genossenschaftsbanken in Deutschland „jugend creativ“ zu dieser Erfolgsgeschichte gemacht haben, die der Wettbewerb schon bereits seit vielen Jahren ist.
Sie füllen den Wettbewerb vor Ort mit Leben und haben mit ihrer kontinuierlichen Unterstützung dafür gesorgt, dass Kreativwettbewerb und Kreditgenossenschaften zu einem untrennbaren, sich immer wieder gegenseitig inspirierenden Paar geworden sind. Das goldene Jubiläum steht 2020 vor der Tür. Die nächsten 50 Jahre können kommen. An kreativen Ideen für eine weiterhin spannende Partnerschaft wird es nicht mangeln.
Kreative Zeitreisen
"jugend creativ“ versteht sich nicht nur als Kreativwettbewerb, sondern möchte stets auch zur aktiven Auseinandersetzung mit der Welt, den Themen der Zeit und sozialen Prozessen anregen. Ein Blick auf fast 50 Jahre „jugend creativ“ wird da ganz schnell zur Zeitreise und zeigt, was die Menschen bewegt hat … und immer noch bewegt.